Auf der anderen Seite

Mein Spiel der Saison III: Heimsieg gegen Union

Verein
07.06.2023

EL-Achtelfinale, DFB-Pokal-Halbfinale, Punkterekorde, Pokalfinale der Frauen, Qualifikation für Europa. In der Serie „Mein Spiel der Saison“ berichten zehn Autor/innen von ihren einprägsamsten Erlebnissen 2022/23. Heute: Heimsieg gegen Union Berlin.

Ich packte also meine Sachen fürs Stadion. Heimspiel gegen Union Berlin. Aber statt Laptop, Ladekabel und SC-Jacke, packte ich das Baby, die Trage, die kleine SC-Mütze, die ich von meinen Kollegen zur Geburt bekommen hatte, und ganz wichtig, Gehörschutz für das Baby ein. Alles für den ersten Stadionbesuch nach der Geburt meiner Tochter vor vier Monaten. Der erste Weg im Stadion war ein gewohnter. Hoch ins Büro, wo ich meinen Kollegen Hallo sagte. Aber statt Dinge am Laptop für das Spiel vorzubereiten, stillte ich das Baby.

Und dann lief ich, anstatt zur Pressetribüne, mit meiner Freundin und dem Baby in der Trage auf die andere Seite des Stadions, zur Osttribüne. Neuland für mich, hatte ich doch alle Heimspiele im Europa-Park Stadion bisher immer von der Pressetribüne aus verfolgt. Dieses Mal nahm ich auf den Dauerkartenplätzen meiner Mutter und ihres Mannes Platz. Tolle Plätze, Unterrang, auf Höhe der Mittellinie. Genau gegenüber der Pressetribüne, wo ich normalerweise an einem Spieltag sitze. Auf der anderen Seite.

Wundern und genießen

Auf dem Weg dorthin gab es allerdings zwei kleine Ärgernisse. „Haben Sie für das Baby denn auch Ohrenschutz dabei?“, sprach mich ein Mann von hinten an. Im ersten Moment war ich verärgert und fand die Frage etwas übergriffig. Ich lächelte, antwortete: „Selbstverständlich“, und dachte nur: „Ich bin nicht zum ersten Mal in diesem Stadion, weiß, wie laut es werden kann, ich arbeite hier.“ Musste der Mann aber nicht wissen und wahrscheinlich meinte er es nur gut.

Am Eingang angekommen, wies mich dann ein wirklich sehr freundlicher Ordner darauf hin, dass ich eine Schoßkarte für das Baby bräuchte. „Eine Schoßkarte für das Baby? Das hängt an mir, kann nicht mal auf dem Schoß sitzen...", wunderte ich mich. Immerhin - er begleitete mich zum Ticketschalter und ich holte das Ticket ab. Die erste Eintrittskarte meiner Tochter, klebt jetzt in ihrem Babyalbum.

Jetzt aber: Plätze suchen, natürlich mit Stadionwurst, und ganz wichtig: Gehörschutz auf die Ohren des Babys. Und ein Foto fürs Album. Badnerlied, „SC Freiburg vor“, Anpfiff. Einfach nur sitzen und schauen. Schön, aber ich erwischte mich dabei, wie ich immer wieder zu den Kollegen auf der Pressetribüne schaute. Spielbericht, Live-Ticker, Halbzeit-Post, ich hatte alle Abläufe im Kopf. Ein bisschen vermisste ich die Arbeit am Spieltag schon, aber dann blickte ich wieder zu meiner kleinen Tochter - die übrigens mit Beginn des Spiels und bis nach Abpfiff mit ihren lila Ohrmuscheln friedlich schlief - und wusste: Spielbericht und Live-Ticker schreiben kommt früh genug wieder. Also Spiel genießen.

Das war an diesem Abend gegen Union Berlin einfach. Vier SC-Tore in der ersten Halbzeit. Es machte Spaß und selbst beim Jubeln und Geklatsche wachte das Baby nicht auf. Absolut stadiontauglich. In der Pause sprachen mich zwei Männer an, wie alt das Baby denn sein. Vier Monate, sagte ich. Dann warten wir noch ein bisschen, unser Nachwuchs ist jeweils zwei Monate alt.

Nach Abpfiff feierten auch meine Freundin und ich noch mit der Mannschaft und als Fans und Team vor der Südtribüne ihr "S  - C - F - Super Sport-Club Freiburg" anstimmten, gab ich dann doch noch etwas Druck auf die Ohrschützer, weil die kleinen Beine zappelten. Es war ein schönes Erlebnis, auf der anderen Seite. In einem Monat wird das Baby ein Jahr alt und das nächste Heimspiel gegen Union Berlin verfolge ich gerne wieder von Pressetribüne.

Die Autorin: Isabel Betz (37), arbeitet seit 2021 in der Medienabteilung des SC, ist Mama von drei Mädchen und gebürtig aus Freiburg. Vor ihren Elternzeiten hat sie Sportwissenschaft studiert und sieben Jahre bei der TSG Hoffenheim gearbeitet.

Fotos: privat

 
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