Timo Hildebrand: "Sehe Freiburg unter den ersten zehn"

Profis
19.08.2022

Jeder Klub hat seine Kultfiguren. Vor dem Spiel beim VfB Stuttgart kommt in Heimspiel eine der Legenden des nächsten SC-Auswärtsgegners zu Wort: Timo Hildebrand

Heimspiel: Herr Hildebrand, obligatorische Frage zum Saisonstart, obwohl die Antwort darauf seit ein paar Jahren ziemlich langweilig ist: Wer wird Deutscher Meister?

Timo Hildebrand: Ich hoffe, nicht die Bayern.

Sie befürchten es aber?

Ja klar, ich weiß nicht, wer sonst Meister werden sollte. Dortmund hat zwar aufgerüstet, aber die Bayern sind einfach zu stabil. Ein Überraschungsmeister wäre allerdings natürlich ein Traum.

Womit wir 15 Jahre zurückreisen, als Sie nach der Saison 2006/07 mit dem VfB Stuttgart die Schale überraschend in die Luft reckten. Hatten Sie zu Saisonbeginn an diesen Coup geglaubt?

Nie und nimmer. Die Bayern waren Favorit, Bremen und Schalke Mitfavorit. Aber der VfB? Zu null Prozent hatte ich vor der Saison an eine mögliche Meisterschaft geglaubt.

Wie konnte das mit dem Meistertitel dann überhaupt passieren?

Die einfache Antwort: Teamgeist. Das habt ihr in Freiburg speziell in der letzten Saison, aber auch in den Jahren zuvor schon wunderbar beobachten können, wie Teamgeist extrem gelebt wird – und wie daraus Erfolg entsteht. Unser Teamgeist hat uns durch jene Saison getragen.

Am 26. Spieltag lagen Sie noch sieben Punkte hinter Tabellenführer Schalke …

... aber wir sind stets drangeblieben, haben einfach immer weitergemacht. Und nach dem 33. Spieltag standen wir plötzlich an der Spitze.

Und dann kam das Saisonfinale. Kriecht in so einem Moment plötzlich dieser böse Geist durch die Kabinentür: Jetzt sind wir so nah dran, könnten uns krönen, könnten aber auch alles verlieren?

Eine weitere Stärke jener Saison war – neben dem unfassbaren Teamgeist –, dass wir unglaublich viele Spiele umbiegen konnten, einfach, weil wir immer so bei uns geblieben sind. Unser Selbstvertrauen war riesig, dazu kam die jugendliche Unbekümmertheit vieler Spieler, ein Mario Gómez, der aus allen Lagen traf, ein Sami Khedira als Leitwolf im Mittelfeld. Da weißt du irgendwann: Es kann nichts schiefgehen.

Trotzdem sah es im Saisonfinale erst mal nicht gut aus: Sie lagen gegen Cottbus früh zurück, Schalke führte zur Pause 2:0 gegen Bielefeld.

Wir wurden dennoch nicht nervös, haben zusammengehalten, einfach weitergekickt. Und wurden am Ende durch einen 2:1-Sieg Deutscher Meister! Das Highlight meiner Karriere.

Highlights dürften auch die Auftritte in der Champions League gewesen sein, erstmals als Vizemeister nach der Saison 2002/03.

Unbedingt! Jeder Fußballer träumt davon, international zu spielen, gegen die ganz großen Klubs anzutreten.

Und dann fegen Sie 2003 am zweiten Spieltag der Champions League direkt mal Manchester United mit 2:1 aus dem Gottlieb-Daimler-Stadion. Die hatten immerhin ganz passable Kicker von der Insel mitgebracht: Ruud van Nistelrooy, Paul Scholes, Ryan Giggs, der junge Cristiano Ronaldo.

Noch heute höre ich Fans von diesem Abend schwärmen, die das Glück hatten, im Stadion gewesen zu sein. Solche Partien – das sind wirklich besondere Momente.

Das Besondere an der Saison 2003/04 waren nicht nur Traumergebnisse gegen ManU oder ein Achtelfinale gegen Chelsea in der Champions League – besonders war die Tatsache, dass der VfB trotz Dreifachbelastung auch in der Bundesliga stabil blieb, am Ende gar Vierter wurde. Was war das Geheimnis?

Felix Magath war unser Trainer.

Das reicht schon?

Der Fitnesszustand, der Felix Magath bekanntermaßen sehr wichtig ist, war das A und O und hat letztlich dafür gesorgt, dass wir so gut durch die vielen Wettbewerbe kamen. Wir waren den anderen Teams körperlich häufig überlegen, konnten auch in der letzten Viertelstunde noch mal nachlegen, sowohl unter der Woche als auch am Wochenende Vollgas geben. Eine Folge des hohen Fitnesslevels war auch, dass wir wenige Verletzte hatten. Und dann kam noch dazu, dass es im Team wenig Fluktuation gab, wir also über eingespielte Automatismen verfügten.

Hohes Fitnesslevel, vorbildliche Verletzungsprävention, geringe Fluktuation: Klingt nach SC Freiburg …

... ja, das zeichnet das Team von heute aus. Es spricht auch für diesen Verein, der mittlerweile so brutal stabil ist. Weil er eben über einen langen Zeitraum an seinem Konzept festhält, an seinen Trainern, seinem Management. In diesen Punkten ist der Sport-Club ein Vorbild für den VfB Stuttgart.

Wo landen die beiden Klubs am Ende der Saison?

Beim VfB wären wir froh, wenn die Saison nicht so spannend wird wie die letzte. Und dem SC traue ich zu, dass er die Mehrfachbelastung gut wegsteckt. Vielleicht geht es paar Plätze runter, aber unter den ersten zehn sehe ich Freiburg wieder.

Christian Engel

Foto: imago images

 
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