Sechs Spiele, sechs Auswärtsfahrten, sechs Autor/innen. Wir nehmen euch in dieser Woche mit auf den langen Weg ins Pokal-Finale in Berlin. Heute: Finale in der Hauptstadt.
Komm Papa, wir fahren nach Berlin. So wie damals. 1988. Ich war 11 und Du wolltest mir mal ein echt großes Stadion zeigen.
Im Pokalfinale im Olympiastadion spielte Eintracht Frankfurt gegen den VfL Bochum. Dass der Sport-Club in der zweiten Runde bei Fortuna Köln ausgeschieden ist, musste ich eben nochmal nachschauen. An Freiburger Pokalspiele aus dieser Zeit habe ich keine Erinnerungen. Der große Fußball war halt ganz weit weg.
In die Hauptstadt ging es mit dem Zug. Einmal quer durch die DDR. Du hast mir immer versucht zu erklären, was in der Welt so vor sich geht. Ich habe trotzdem nicht verstanden, warum wir auf der Reise durch den Osten keine Zeitungen aus dem Westen dabei haben sollten. Unseren „kicker“ hat der freundliche Grenzbeamte gerne an sich genommen. Als wir in der Hauptstadt auf ein Holzgerüst geklettert sind, um über die Mauer hinweg das Brandenburger Tor sehen zu können, hatte ich ein bisschen Angst.
Wir hatten weder zu Frankfurt noch zu Bochum irgendeine Beziehung. Du hast mir beigebracht, im Zweifel für den Außenseiter zu sein. Den Großen zujubeln könne jeder Depp. Der Außenseiter in diesem Finale war wohl der VfL Bochum. Im KaDeWe durfte ich mir jedenfalls ein Fußballtrikot aussuchen und ich entschied mich für ein blaues Teil von adidas mit hellen und dunklen Schatten ohne Trikotwerbung. Ein ähnliches Dress hatte auch der VfL und ich habe es danach noch in der Schule und in unzähligen Fußballtrainings getragen, bis es irgendwann mal zu klein wurde.
Mit meinem blauen Trikot saßen wir am Samstag dann natürlich in der falschen Kurve mitten unter tausenden Frankfurtern. Mulmig habe ich mich nicht gefühlt, Du warst ja dabei. Und als Lajos Détári kurz vor Schluss das 1:0 für Frankfurt schoss, habe ich mich mitreißen lassen von der Freude um uns herum. An das Siegtor kann ich mich übrigens noch genau erinnern. Es war ein Freistoß, kurz vor der Strafraumkante. Und Lajos Détári zirkelte ihn genau ins Eck. Vielleicht liegt der Ball heute ja mal genauso schön für Vince bereit.
Komm Papa, wir fahren nach Berlin. Der Sport-Club spielt. Ich weiß, dass Du Dir diese Reise mit unserem Verein und mir bis zum Schluss so sehr gewünscht hattest. Ich nehme Dich mit in meinem Herzen und Du schaust von oben zu.
Der Autor: Sascha Glunk, wartet seit 45 Jahren mit dem Sport-Club auf ein Pokalfinale. Seit 2011 arbeitet er beim Verein, inzwischen als Leiter Kommunikation Sport.
Foto: Boris Streubel / dfl via getty