Eckhard Krautzun blickt in seiner 38-jährigen Trainerkarriere auf nicht weniger als 35 Stationen mit Engagements in der Bundesliga, in den USA, Asien und Afrika zurück.
Krautzun trainierte den Sport-Club in der Zweitliga-Spielzeit 1990/91 als direkter Vorgänger von Volker Finke. Für den VfL Wolfsburg stand er von 1993 bis 1995 an der Seitenlinie. Der heute 80-Jährige im Traditions-Fragebogen.
... mit Wolfsburg verbindet mich:
Die Rettung vor dem Abstieg in der Mammutsaison 1993/94 mit 24 Mannschaften und der Einzug ins Pokalhalbfinale ein Jahr später mit einem herausragenden Stürmer Siggi Reich, der mich immer an Rudi Völler erinnerte. Die Entlassung damals habe ich nicht verstanden. Ich arbeite heute noch für den VfL und halte Kontakte nach China beim Austausch von Jugendmannschaften und der Trainerausbildung. Und ich habe damals in Wolfsburg meine Lebensgefährtin kennengelernt, mit der ich heute noch zusammen bin.
... mit Freiburg verbindet mich:
Die Erinnerung an eine tolle Zeit unter teilweise amateurhaften Bedingungen. Wir haben im Winter auf einem Ascheplatz hinter der Haupttribüne trainiert. Mit Achim Stocker durfte ich einen außergewöhnlicher Macher und Präsidenten kennenlernen. Er sagte zu mir: "Wenn wir am Ende der Saison zwei Spieler verkaufen können, sind Sie mein bester Mann." Es war der tägliche Kampf ums sportliche Überleben. Mit einigen Begleitern aus der Freiburger Zeit bin ich heute noch befreundet, dem ehemaligen U19-Trainer Ede Beck etwa oder Trainerkollege Lutz Hangartner. Auch zu Spielern wie Oliver Schäfer, Niels Schlotterbeck oder Andreas Golombek habe ich immer noch Kontakt.
... heute mache ich:
Ich bleibe auf dem Laufenden und schaue viele Spiele in der Bundesliga und in der Premier League. Mit Alex Ferguson verbindet mich eine jahrzehntelange Freundschaft, auch Jürgen Klopp kenne ich aus Mainzer Zeiten und tausche mich ab und an mit ihm aus. Ich halte noch Vorträge und es verändert sich so viel in Sachen Ausbildung und Trainingslehre, da möchte ich up to date bleiben.
... mein prägendstes SC-Erlebnis:
Die Mannschaft hat damals gezeigt, dass Fußballbegeisterung in Freiburg möglich ist. Wir haben lange oben mitgespielt und die Zuschauer haben das honoriert. Ich erinnere mich an ein Spiel gegen RW Essen vor 10.000 Zuschauern, es waren aber nur 4.000 Karten gedruckt. Da hat man schon gemerkt, dass Freiburg auch eine Fußballstadt sein kann. Achim Stocker hat Gedanken an einen möglichen Aufstieg in dieser Saison noch als Traum und Utopie bezeichnet. Das war mit ein Grund, warum ich Freiburg damals verlassen habe. Mein Nachfolger Volker Finke hat den Aufstieg dann geschafft.
... beim Klick auf das Video denke ich:
Holger Janz und Thomas Schweizer haben getroffen, das weiß ich noch. Und mit Charly Schulz war einer der besten Fußballer auf dem Platz, die ich je trainieren durfte. Wir hatten eine gute Mannschaft damals, die sich bis zuletzt reingehauen hat, auch wenn es dem Kader in der Breite gefehlt hat und am Ende die Kraft ausging. Am letzten Spieltag der Saison haben wir in Oldenburg gespielt, eigentlich bedeutungslos. Die Mannschaft hatte vor der Saison allerdings eine Prämie für einen einstelligen Tabellenplatz ausgehandelt. Dafür brauchte es noch einen Punkt. Mit dem letzten Aufgebot und letzter Kraft hat die Mannschaft ein 2:2 erkämpft und wurde letztlich Neunter.
... meine Erwartungen für Sonntag:
Ich erwarte ein hochinteressantes Spiel. Der VfL hat erst 19 Gegentore und mit Wout Weghorst einen der besten Stürmer der Liga. Freiburg ist offensiv mit gleich mehreren Spielern richtig gefährlich. Ich tippe eigentlich ungern, aber wenn's sein muss, sage ich 2:2.
... nach dem Spiel ein Bierchen trinken würde ich gerne mit:
Mit Trainerkollege Christian Streich, auch wenn der wahrscheinlich lieber ein Gläschen guten badischen Wein trinkt.
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