Ständig nerven oder Bus vor die Box?

Verein
30.05.2023

Wie verteidigt man die Tiefe und wie hoch kann man verteidigen? Die Antworten dazu hat Martin Schweizer, Leiter der Freiburger Fußballschule in der kleinen Taktikschule.

Herr Schweizer, ist hohes Pressing gegen Spitzenteams mit technisch überragenden und pfeilschnellen Topspielern nicht grundsätzlich zu riskant?

Martin Schweizer: Nicht unbedingt. Aber ich denke, gegen absolute Topteams bleibt dir tendenziell fast nur, entweder sehr hoch und aggressiv oder aber sehr tief und kompakt zu verteidigen ...

… also die Gegner ständig und überall in Zweikämpfen zu nerven oder den Bus vor der Box zu parken. Man gibt ihnen keine Zeit oder keinen Raum.

Schweizer: Stehe ich tief, etwa am eigenen Sechzehner, und gebe dem Gegner somit kaum Tiefe, muss ich diesen kleinen – aber natürlich sehr gefährlichen – Raum zwischen Abwehrkette und Tor nur umso wacher verteidigen. Geht ein Gegner tief, muss einer unserer Spieler ihn aufnehmen und mitgehen, sodass er im Falle eines Steckpasses eingreifen kann. Unsere Spieler müssen hier klar Verantwortung übernehmen, statt zum Nebenmann zu sagen: Übernimm du mal! Leicht gibt’s sonst Abstimmungsprobleme und man kassiert Tore. Ich denke, die Frage, wie hoch wir verteidigen, stellt sich vor jedem Spiel. Auch wenn das auch Risiken birgt, neigen wir an der Fußballschule dabei allgemein eher zur aktiveren, höheren Herangehensweise.

Aber wie verhindern wir dann, dass der Gegner unsere aufgerückte Abwehr per Flugball auf einen tief sprintenden Stürmer aushebelt?

Schweizer: Zunächst müssen unsere Offensivspieler in Ballnähe so Druck machen, dass der Gegner zumindest wenig Zeit und Passoptionen hat. Etwa durch bogenförmiges Anlaufen gilt es ihn so zu lenken, dass etwa nur ein Longline-Ball möglich ist. Unsere defensiveren Spieler können dann schon mal zur Ballseite verschieben und sich optimal positionieren.

Wie positioniert man sich optimal?

Schweizer: Verteidiger wie Mittelfeldspieler sollten statt frontal, seitlich stehen, mit tiefem Schwerpunkt wie ein Fechter, um nach vorn wie zurück
schnell starten zu können. Die Verteidiger müssen zudem auf der inneren Linie stehen, also zwischen gegnerischem Stürmer und unserem Tor, dabei mit einem Abstand zu ihm, dass sie – aus der seitlichen Haltung heraus – den Zwischenraum wie auch die Tiefe verteidigen können. Kommt ein kurzes Anspiel in den Fuß des Gegners lasse ich ihn als Verteidiger nicht zu unserem Tor hin aufdrehen.

Ich bin also hautnah an ihm dran.

Schweizer: Im besten Fall komme ich vor den Gegenspieler und erobere den Ball. Gelingt mir das nicht, wäre eine Armlänge Abstand geboten, damit er sich nicht mit einer Drehung um mich herum winden kann. Meine Nebenleute in der Abwehrkette rücken zugleich seitlich versetzt hinter mich, sodass sie mit mir ein Abwehrdreieck bilden. Eher etwas tiefer absetzen müssen sie sich im Fall eines hohen Anspiels auf meinen Stürmer. Denn verliere ich das Luftduell, könnte der Ball sofort tief verlängert werden. Wird der Ball dagegen sofort tief gespielt, muss ich ins Laufduell. Da ist es natürlich hilfreich, wenn ich schnell bin und mich zuvor gut positioniert habe.

Ist den Gegner abseits zu stellen, nicht die eleganteste Lösung?

Schweizer: Rücken wir etwa bei gegnerischem Rückpass schnell und geordnet 15 Meter raus, sodass beim folgenden langen Ball zwei Gegner abseits sind, ist das ein Ballgewinn, der jeden Trainer freut. Und sehe und weiß ich als Abwehrspieler, dass ich letzter Mann bin, kann ich in geeigneten Situationen auch mal einen Gegner bewusst ins Abseits stellen. Aber das muss trainiert und kontrolliert eingesetzt werden, nicht Harakiri-mäßig nach dem Motto: Ich lass ihn laufen und bete, dass er abseits ist.

Oder ich bete, dass mein Torwart gut mitspielt.

Schweizer: Ein mitdenkender, mutig und nicht zu tief agierender Torwart, der als Libero fungiert, ist ein weiterer elementarer Faktor beim Verteidigen der Tiefe und eine Riesenhilfe für die Verteidiger. Gerade in Zeiten des modernen High-Speed-Fußballs.

 

Interview: Timo Tabery und Uli Fuchs

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist

 
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