Gebärdensprache im Stadion: "Sichtbares Bekenntnis"

Verein
16.11.2025

Die Spieler und Trainer des SC Freiburg haben jetzt eigene Namen in Gebärdensprache. Was es damit auf sich hat, erklären Sarah Arslan vom Team Gebärdensprache und Daniel Sarimese vom Südbaden DEAF-Fanclub im Interview. 

Sarah Arslan, Daniel Sarimese, der SC hat kürzlich ein Video veröffentlicht, in dem einige Profis des Männerteams ihre jeweiligen Gebärdennamen vorstellen. Welche Bedeutung haben diese in der Gebärdensprache? 

Arslan: Der Gebärdenname bildet neben dem Fingeralphabet einen wichtigen Bestandteil der Gebärdensprache. Sie stellt für gehörlose Menschen die wichtigste Kommunikationsform dar. Beim Gebärdennamen handelt es sich dabei um eine bildhafte Gebärde, die einer Person individuell zugewiesen ist. Durch sie lässt sie sich sehr schnell und eindeutig benennen oder ansprechen.  

Welche Vorteile bringt die Einführung der Spieler-Gebärdennamen im Stadion konkret mit sich? 

Arslan: Als Teil des Teams Gebärdensprache, das es seit einem Jahr gibt, dolmetsche ich etwa das Stadion-Vorprogramm simultan und bin dabei auf den Bildschirmen zu sehen. Müsste ich dabei jeden Spielernamen mit dem gewöhnlichen Fingeralphabet ausbuchstabieren, wäre das viel umständlicher. So ist mein Redefluss deutlich seltener unterbrochen, und ich bin viel besser zu verstehen.  

Sarimese: Durch die einheitlichen Gebärdennamen können wir gehörlosen Fans uns innerhalb und außerhalb des Stadions deutlich leichter über den SC austauschen. Im Übrigen ist deren Einführung ein Beleg dafür, dass wir vom Verein und seinen Spielerinnen und Spielern wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Dieses sichtbare Bekenntnis zur Teilhabe macht uns sehr glücklich. 

Wie lief die Wahl der Gebärdennamen der SC-Spieler ab?  

Arslan: Die Vorschläge hat der Gehörlosen-Fanclub gemacht. Wir vom Team Gebärdensprache konnten diese dann an das Profi-Team weitergeben und bei der Umsetzung helfen. Ein dickes Dankeschön dafür an den SC, speziell an Dorinja Weizel von der Abteilung Nachhaltigkeit und Sina Wochner von der SC-Fanbetreuung. 

Wie seid ihr auf eure Namensvorschläge gekommen, Daniel? 

Sarimese: Wir Mitglieder des Gehörlosen-Fanclubs wählen unsere Vorschläge mit viel Bedacht. Entsprechend lange dauert auch unsere Ideenfindung. Dabei lassen wir etwa Charaktereigenschaften, markante äußerliche Merkmale, den Spielstil oder den Torjubel einfließen. Niklas Bestes Name nimmt etwa Bezug auf seinen langen Bart. Bei Rekordspieler Christian Günter hatten wir uns schon vor einigen Jahren auf einen Gebärdennamen festgelegt, der sich an seiner Position auf der linken Außenbahn orientiert. Im Fall von Patrick Osterhage haben wir uns dagegen von seinem bildhaften Nachnamen inspirieren lassen. So wurde ein mit der Hand geformtes Hasenohr zum Bestandteil seines Gebärdennamens.  

Manche Menschen haben ein schwieriges Verhältnis zu ihren Nachnamen oder zu bestimmten körperlichen Eigenschaften, die auch Eingang in ihre Gebärdennamen finden können. Wie beugt ihr etwaigen Missverständnissen vor?  

Sarimese: Mir ist es sehr wichtig, zu betonen, dass wir mit den Gebärdennamen lediglich eine Person beschreiben, um so eine klare Zuordnung treffen zu können. Bestimmte Merkmale heranzuziehen, ist typisch für uns Gehörlose und nie abwertend gemeint. In diesem Punkt unterscheiden sich Hörende und Nichthörende kulturell einfach. Wir als Fanclub sind übrigens immer offen für Vorschläge. Wenn ein Spieler mit seinem Gebärdennamen nichts anfangen kann oder unzufrieden damit ist, sind wir immer sehr gerne bereit, uns weitere Gedanken zu machen und ihn zur neuen Saison zu ändern.  

Bei welcher Gelegenheit wurden die Spieler mit ihren Gebärdennamen vertraut gemacht? 

Arslan: Das geschah im Rahmen der DFL-Media-Days, die kurz vor Beginn jeder Bundesliga-Saison stattfinden. In diesem Jahr waren wir vom Team Gebärdensprache zum ersten Mal dabei. Wir haben den Spielern und Trainern die jeweiligen Namen vorgestellt und dann gemeinsam vor der Kamera eingeübt. Bei einigen aus dem Team hat das auf Anhieb geklappt, andere mussten sich erst einmal ein bisschen auflockern. Das ist aber vollkommen normal. Zuvor hatte Dorinja Weizel die SC-Spieler und -Trainer mit dem Thema bereits vertraut gemacht.  

Wie fielen die Reaktion aus? 

Arslan: Rundum positiv. Es war toll zu sehen, wie aufgeschlossen das Team dem Thema und auch uns gegenüber war. Viele haben sich über die Namenswahl gefreut. Derry Scherhant zum Beispiel hat sich sogar konstruktiv eingebracht. Er hatte aus Hertha-Zeiten schon einen, den er uns vorgemacht hat und den wir natürlich gerne übernommen haben. 

Sarimese: Das versuchen wir möglichst bei allen Spielern so zu handhaben, die bei anderen Vereinen gespielt und unter Mitwirkung anderer DEAF-Fanclubs einen Gebärdennamen erhalten haben. Inzwischen sind im Dachverband der deutschen DEAF-Fanclubs 28 Gruppierungen organisiert. Wir stehen untereinander in regem Austausch.  

Wie kam es denn zur Gründung des Südbaden DEAF- Fanclubs? 

Sarimese: Letztes Jahr habe ich mich mit anderen langjährigen SC-Fans zusammengetan, um uns für ein völlig barrierefreies Europa-Park Stadion einzusetzen. Inzwischen zählen wir rund 30 Mitglieder. Großes Anliegen unseres Südbaden DEAF-Fanclubs ist die Einführung eines G-Blocks. Also eines definierten Bereiches für gehörlose Fans. Ein solcher zentraler Sozialraum hätte für uns Gehörlose den Vorteil, dass wir nicht im ganzen Stadion verteilt säßen, sondern gemeinsam das Spiel verfolgen und uns darüber austauschen könnten.   

Arslan: Für uns hätte ein G-Block auch den Vorteil, dass wir für alle hörbehinderten SC-Fans noch schneller erreichbar wären als bisher. Dass wir seit Anfang dieses Jahres fest in Block O7 vertreten und durch unsere schwarzen Jacken mit der Aufschrift Team Gebärdensprache gut erkennbar sind, ist aber schon ein riesengroßer Fortschritt. 

Zum Abschluss: Welcher Gebärdenname gefällt Dir am besten, Daniel? 

Sarimese: Der von Grifo. Weil er mein Lieblingsspieler ist und weil in seinem Gebärdennamen mit dem V sowohl sein Vorname als auch sein Torjubel steckt. Einfach perfekt (lacht).  

Interview: Thomas Müller Heiduk und Alexander Roth

Fotos: SC Freiburg

Der Text erschien im Stadionmagazin "Heimspiel", das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert und auch im Abo erhältlich ist.

 
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