Angekommen nach langen Wanderjahren

Verein
21.09.2025

Im September 1955 wurde erstmals am „SC-Platz an der Dreisam“ gespielt. Unser Stadionmagazin Heimspiel widmet sich anlässlich des 70. Geburtstags des Dreisamstadions der wechselvollen Historie dieser Spielstätte – von den Anfängen bis heute.

Vor knapp vier Jahren, am 7. Oktober 2021, weihte der SC Freiburg das Europa-Park Stadion offiziell mit einem Spiel gegen den FC St. Pauli ein. Seitdem haben die Bundesligaprofis am Wolfswinkel ihre neue fußballerische Heimat gefunden. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielstätten, bei denen der Wegzug der ersten Mannschaft Leerstand und allmählichen Niedergang bedeutete, setzt sich im zuvor genutzten Dreisamstadion SC-Geschichte lebendig fort: Es ist seitdem die Heimat der U23 des Sport-Club und der Bundesliga-Frauen.

Aktuell finden auf dem Areal des umfangreiche Umbaumaßnahmen statt, damit es künftig auch als Trainingsstätte der SC-Juniorinnen, als „Kompetenzzentrum Kindersport“ und als „Lernort Stadion“ für Schülerinnen und Schüler genutzt werden kann.

Premierenpartie am „Sportplatz Stühlinger“

Bis der Sport-Club aber zu seiner prägenden Spielstätte an der Dreisam fand, hatte er mehrere Jahrzehnte und zwei Weltkriege zu überstehen. Die beiden im Jahr 1904 gegründeten Vorgängervereine wechselten häufig die Namen und wegen generellen Platzmangels noch öfter ihre Spielorte. Mal kickten sie im Freiburger Westen auf den Klaramatten oder dem Exerzierplatz, dann wieder für eine gewisse Zeit in der Wiehre und in Günterstal. Seine Premierenpartie bestritt der SC Freiburg, der am 3. März 1912 aus dem Zusammenschluss von Sportverein Freiburg 04 und FC Union hervorging, dann im selben Jahr auf dem „Sportplatz Stühlinger“ am heutigen Eschholzpark.

Zwischen 1919 und 1937 war der Sport-Club sogar ganz in der Nähe seiner heutigen beiden großen Staden angesiedelt: Für einige Jahre bildete er die Fußballabteilung der Freiburger Turnerschaft (1919 bis 1923) und war am heutigen Alten Messplatz an der Schwarzwaldstraße zu Hause. Ab 1928 spielte der bereits länger wieder eigenständige Verein im neu errichteten Winterer-Stadion unweit des Flugplatzes.

Neun Jahre später nahmen die Nationalsozialisten dem Sport-Club die bis dahin einzige eigene Heimspielstätte. Ab 1930 war der Verein alleiniger Pächter. Der Abriss des Winterer-Stadions, das 30.000 Zuschauerinnen und Zuschauern Platz geboten haben soll, hatte indes nichts mit einer lange vermuteten widerständlerischen Haltung der Mitgliedschaft gegenüber dem NS-Regime zu tun, sondern folgte praktischen Erwägungen. Die Luftwaffe benötigte im Zuge der massiven Aufrüstung mehr Platz. Der Sport-Club war in der Folge erneut heimatlos und darauf angewiesen, dass andere Vereine ihm Plätze zur Verfügung stellten.

Die Geschichte des „wunderschönen kleinen ländlichen Stadions“, wie der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus viel später einmal über das Dreisamstadion sagte, nimmt erst in der Nachkriegszeit ihren Anfang. Die Vereinsführung des Sport-Club hatte sich mit der Stadt 1953 auf die Pacht eines „Trümmergeländes zwischen Hindenburgplatz und Strandbad“ geeinigt.

Die damals notwendigen Bauarbeiten wurden zu einem erheblichen Teil von den SC-Mitgliedern selbst gestemmt. Lokale Unternehmen steuerten aus eigener Tasche Baustoffe bei. In der früheren Vereinszeitschrift SC-Rundschau wird etwa 70 namentlich erwähnten „Platzarbeitern“ für ihre Mithilfe gedankt und auch der große Anteil der beteiligten Frauen hervorgehoben (Fotos unten).

Zum ersten Anpfiff kommt der Offenburger FV

Im September 1955 trug der SC Freiburg dann sein erstes Spiel in der neuen Spielstätte aus. Die von etwa 1.500 Zuschauerinnen und Zuschauern verfolgte Amateurliga-Begegnung gegen den Offenburger FV ging 0:2 verloren. Der „SC-Platz an der Dreisam“, schrieb die Vereinszeitung, offenbare sich den Freiburgern als „wahres Schmuckkästchen“. Die Realität dürfte etwas nüchterner ausgefallen sein: Eine Baubaracke diente als Umkleide und als Clubheim, in dem bei Versammlungen 40 Personen Platz fanden. Drei karge steinerne Stufen bildeten die am Strandbad befindliche einzige Tribünenseite.

Ein Jahrzehnt darauf wurde auf der Südseite die Vereinsgaststätte „Dreisamblick“ errichtet und pünktlich zum 60-jährigen Vereinsjubiläum 1964 eingeweiht. Ob das „vereinseigene Kleinod“ für die bis dahin nur als „SC-Platz“ oder „SC-Platz am Strandbad“ bekannte Spielstätte namensbildend war, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen.

Laut dem damaligen Vorstandsmitglied Gundolf Fleischer orientierte sich der Verein am sportlich enteilten Stadtrivalen Freiburger FC, wie er SC-Vereinsarchivar Uwe Schellinger und dem heutigen SC-Ehrenratsvorsitzenden Markus Knobloch in einem Interview verriet: „Man hat die Lokalität bezeichnen wollen. Und so wie es das Möslestadion gab im Möslepark als Ortsbezeichnung, so ist dann bei uns der Gedanke entstanden. Ziemlich spontan, vom Ältestenrat ausdrücklich befürwortet und einstimmig so verabschiedet, weil die Dreisam bei uns vorbeifließt, dass wir das Dreisamstadion nennen wollen.“

Erst seit 1967 trägt das Stadion somit offiziell den sich eigentlich aufdrängenden Namen. Aus heutiger Sicht mag es befremdlich wirken, dass damals so wenig Aufhebens um die Bezeichnung der heute bundesweit bekannten Spielstätte gemacht wurde. Nur eine kurze Mitteilung in der Badischen Zeitung kündet von dem auf einer Pressekonferenz präsentierten Namen. Viel dürfte damit zu tun gehabt haben, dass die Anlage den gängigen Vorstellungen von einem Stadion einfach nicht entsprach. Erst 1970 nahm der Platz durch die Errichtung der etwa 500 Sitzplätze bietenden überdachten Südtribüne allmählich Stadionkonturen an (Foto oben). Auch dieses Vorhaben konnte nur in die Tat umgesetzt werden, weil die SC-Mitglieder 50.000 Mark zuschossen.

Im Jahr 1978 glückte dann erstmals der Aufstieg in die 2. Bundesliga, mit dem man sportlich zum großbürgerlichen Stadtkonkurrenten aufschloss. Die Zweitliga-Zugehörigkeit markiert den Beginn des zunächst zaghaften Versuchs, der erfreulichen fußballerischen Entwicklung auch baulich Ausdruck zu verleihen.

Erste Maßnahmen zur Schaffung einer Sportstätte, die die Grundvoraussetzungen des bezahlten Fußballs erfüllte, waren in der wieder unter breiter Mitwirkung der Mitglieder erfolgten Aufstockung der Osttribüne sowie der Errichtung erster Stehplatzreihen an der Nordseite zu sehen. Erstere blieb dem im Sommer 1978 zum SC gewechselten Joachim „Jogi“ Löw nachhaltig in Erinnerung: „Ich spielte links vorn, und wenn dies die Seite der Gegentribüne war, kannte ich fast jeden einzelnen Zuschauer persönlich. Da gab es dann auch mal ein Gespräch und gute Ratschläge.“

Thomas Müller Heiduk (Arbeitskreis Vereinsgeschichte)

Das Interview erschien im Stadionmagazin "Heimspiel", das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert und auch im Abo erhältlich ist.

Foto: SC Freiburg

 
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