"Fußball hat mir das Besondere gegeben"

Frauen & Mädchen
07.05.2025

Nach dieser Saison beendet SC-Kapitänin Hasret Kayikçi ihre aktive Karriere. Im Interview, das erstmals im Stadionmagazin "Heimspiel" erschien, spricht die Rekordspielerin des SC Freiburg über außergewöhnliche und schwierige Momente, den endgültigen Abschied am 11. Mai und über das, was sie vermissen wird.

Hasret, nach dieser Saison beendest du deine aktive Karriere – verletzungsbedingt, aber als Rekordspielerin des SC Freiburg. Du hast 224 Pflichtspiele für den Sport-Club bestritten. Bist du stolz auf diese Zahl oder doch ein bisschen wehmütig, dass es nicht noch mehr geworden sind?

Kayikçi: Beides. Ich hätte sicherlich eine deutlich höhere Anzahl an Spielen erreichen können. Wenn ich aber zurückblicke, bin ich dennoch stolz darauf, weil ich es eben trotz einiger Widrigkeiten und Verletzungen geschafft habe. Das war nicht immer selbstverständlich. Mir ist aber auch bewusst, dass meine Karriere einige Herausforderungen mit sich gebracht hat.

Nicht zuletzt in dieser Saison, als du in der Vorbereitung zum dritten Mal einen Kreuzbandriss erlitten hast. Ist denn am kommenden Sonntag, beim letzten Saisonspiel der SC-Frauen gegen den SV Werder Bremen, noch ein 225. Spiel für den SC für dich denkbar?

Kayikçi: Diese Zahl würde sicherlich noch etwas schöner klingen. Das war auch mein Ziel, seit ich in der Reha war. Diese Zeit war nicht besonders schön. Ich habe aber die Mühen auf mich genommen, weil ich den Fans nochmal etwas zurückgeben möchte. Mir ist es wichtig, dass ich mich verabschieden kann. Ich habe in den vergangenen Monaten so oft gehört, dass sich viele nochmal eine Rückkehr von mir auf den Platz wünschen würden. Das war für mich der entscheidende Antrieb. Wenn es nach mir gehen würde, hätte ich vermutlich eher darauf verzichtet – der Aufwand für dieses eine Spiel ist unglaublich groß. Ich hoffe also, dass alles klappt, und würde mir einen gemeinsamen Abschied insbesondere für die Fans sehr wünschen.

War es für dich auch ein besonderer Moment, als du beim Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen vor der Kulisse des Europa-Park Stadions verabschiedet wurdest?

Kayikçi: Ja, sehr. Die Fans sind für mich immer schon ein großer Faktor gewesen, vor allem in den Zeiten, in denen es nicht immer so leicht in meiner Karriere war. Ich empfinde es auch als große Wertschätzung, dass ich auch im Europa-Park Stadion verabschiedet wurde und bin dafür sehr dankbar. Einige Fans werden vermutlich nicht zu unserem Saisonabschluss am 11. Mai ins Dreisamstadion kommen können, weil die Männer am Tag davor noch in Kiel spielen. Ich freue mich aber auch auf alle, die am 11. Mai bei unserem letzten Bundesligaspiel gegen den SV Werder Bremen im Dreisamstadion dabei sind.

Wenn du deine Fußballschuhe in einer Woche endgültig an den Nagel hängst: Was bleibt dir von deiner langen Karriere am meisten im Hinterkopf?

Kayikçi: Ich werde sicherlich auf viele Erinnerungen zurückblicken können. Ich denke zum Beispiel gerne an unser DFB-Pokal-Halbfinalspiel in Leipzig mit meinem 1:0-Siegtor in der Nachspielzeit und natürlich an das anschließende Finale 2023 gegen den VfL Wolfsburg zurück. Auch wenn wir damals mit 1:4 verloren haben. Ich wollte unbedingt mit dem SC dieses Spiel machen, weil ich bei unserer ersten Finalteilnahme 2019 verletzt war. Auch an mein erstes Länderspieltor für Deutschland im Testspiel gegen Brasilien denke ich gerne. Das war in Sandhausen. Da war ich zuvor als Kind schon oft gewesen und habe Spiele in der Oberliga geschaut. Meine ganze Familie und Freunde waren damals dabei, das war sensationell.

Du warst 14 Jahre hier am Ball, was macht den SC Freiburg für dich aus?

Kayikçi: Ich bin mit 19 Jahren zum SC gekommen. Man kann vielleicht sagen, dass ich dann beim und auch mit dem Verein erwachsen geworden bin. Die Menschen hier, auch die Fans, fand ich immer außergewöhnlich. Sie machen für mich auch den Verein so besonders, genauso wie die familiäre Atmosphäre.

Seit du im Jahr 2011 zum Sport-Club gekommen bist, haben sich die Rahmenbedingungen für den Frauenfußball Schritt für Schritt weiter verbessert.

Kayikçi: Damals haben wir im Möslestadion gespielt und im Schönbergstadion trainiert. Natürlich waren das noch keine professionellen Strukturen, aber ich glaube, die allgemeine Entwicklung im Frauenfußball ist jetzt so weit, dass man als Verein nachziehen muss, wenn man konkurrenzfähig bleiben will. Der Umzug ins Dreisamstadion war für uns ein enorm wichtiger Schritt. Der Frauenfußball ist jetzt an einen Punkt gekommen, um sagen zu können: Das sind Bedingungen, um professionell zu sein. Das nächste Ziel muss irgendwann sein, dass alle Spielerinnen vom Fußballspielen leben können.

Wie oft hast du Zeit, auch die Bundesligaspiele der Männer zu verfolgen?

Kayikçi: Zuletzt hatte ich – leider – sehr viel Zeit dafür, zumindest deutlich mehr als früher. Natürlich wäre ich aber lieber fit, um selbst spielen zu können. Ich versuche grundsätzlich, immer im Europa-Park Stadion zu sein, wenn sich die Spiele nicht mit unseren überschneiden. Die Männer spielen eine super Saison, da geht man auch einfach gerne ins Stadion. Es geht nach dem Trainerwechsel von Christian Streich zu Julian Schuster nahtlos weiter. Das hat sicherlich nicht jeder erwartet, spricht aber total für den Sport-Club. Es macht sehr viel Spaß, die Spiele zu verfolgen. Und ich hoffe, dass sie nächstes Jahr wieder international spielen können.

Wenn du den Blick auf das letzte Saisonspiel der SC-Frauen richtest: Hast du dir zu diesem ganz speziellen Tag, deinem letzten Bundesliga-Spieltag, schon viele Gedanken gemacht?

Kayikçi: Dieser Tag ist in den vergangenen Wochen immer näher gerückt. Ich merke aber auch einfach, dass es nun an der Zeit ist, das Kapitel Profifußballerin zu schließen. Ich habe in den vergangenen Jahren viel investiert, gerade die Reha-Phasen sind alles andere als leicht. Trotzdem bin ich natürlich traurig, weil ich weiß, dass dieser Tag auch ein Ende bedeutet. Andererseits weiß ich, dass ich nie wieder die Probleme haben werde, die ich durch den Fußball hatte. Ich hatte aber eine unglaublich schöne Zeit als Spielerin – Fußball hat mir immer alles bedeutet. Für mich ist jetzt aber die Zeit gekommen, ein neues Kapitel in meinem Leben anzufangen.

Und wie wird das aussehen?

Kayikçi: Ich freue mich erstmal, dass ich eine Sommerpause ohne Läufe und Leistungstests genießen kann. Ansonsten gibt es auf jeden Fall schon Ideen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir eine gute Lösung finden werden. SC-Fan auf der Tribüne werde ich so oder so bleiben. Und wahrscheinlich auch ein bisschen mehr als nur das.

Wirst du den Fußball vermissen?

Kayikçi:Definitiv. Fußball ist, seit ich klein bin, ein ganz großer Bestandteil meines Lebens. Als Kind habe ich auf türkischen Hochzeiten mit Flaschendeckeln als Ball gespielt. Ich habe immer Fußball gespielt – egal wo ich war, in jeder freien Minute. Ich werde es vermissen, in die Kabine zu kommen und mit einer Mannschaft nach dem ganz Großen zu streben, ein gemeinsames Ziel zu haben und dafür hart zu arbeiten. Mit vielen Menschen aus dem Team und dem Verein habe ich die besten und schlimmsten Momente meines Lebens geteilt. Fußball hat mir das Besondere in meinem Leben gegeben. Und das werde ich vermissen.             

Interview: Niklas Batsch und Dirk Rohde

Foto: SC Freiburg

Langer Weg: Hasret Kayikçi (33) begann ihre Laufbahn bei der TSG Rohrbach, wechselte 2008 zum FCR Duisburg, bei dem sie ihr Bundesliga-Debüt feierte, zwei Mal den DFB-Pokal gewann und UEFA-Women’s-Cup-Siegerin wurde. Seit 2011 spielt die gebürtige Heidelbergerin für den Sport-Club. Für den SC absolvierte Kayikci 224 Pflichtspiele in der Bundesliga und im DFB-Pokal, erzielte dabei 78 Tore. Außerdem absolvierte sie elf Länderspiele für Deutschland, in denen ihr sechs Tore gelangen.

Letztes Spiel: Beim letzten Saisonspiel unserer Bundesliga-Frauen gegen den SV Werder Bremen im Dreisamstadion am 11. Mai widmet sich das Stadionmagazin AM BALL ausführlich dem Abschied von Hasret Kayikçi.

 

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