Petersen: "Ich war sofort Feuer und Flamme"
Seit 2015 sind unsere Blindenreporter über 90 Minuten plus Nachspielzeit immer auf Ballhöhe. Beim Europa-League-Spiel gegen Salzburg gab es mit Nils Petersen prominente Unterstützung beim barrierefreien Fanradio. Wie der amtierende SC-Rekordtorschütze das Spiel erlebt habt, erfahrt ihr im Interview.
scfreiburg.com: Schön, dass Du dir die Zeit nimmst, Nils! Für dich war es der erste Einsatz als Kommentator bei unserer Audioreportage „Sportclub live – das barrierefreie Fanradio“. Wie kam es dazu?
Nils Petersen: Einer der Blindenreporter hat witzigerweise ungefähr die gleichen Fitnessstudiozeiten wie ich und hat mich darauf angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, mal mitzumachen. Weil ich den Job als Kommentator sowieso gerne ausübe und immer noch sehr SC-affin bin, war ich sofort Feuer und Flamme. Dann ging es nur noch darum, einen passenden Termin zu finden.
Inwiefern unterscheidet sich das Kommentieren für vorrangig sehbehinderte Menschen von deinen Erfahrungen fürs TV?
Petersen: Am ehesten ist es wahrscheinlich mit einer Live-Reportage im Radio zu vergleichen. Dadurch, dass die Menschen das Spiel nicht sehen, müssen die Beschreibungen deutlich detaillierter sein. Das habe ich eher den Blindenreportern Stefan und Mario (Stefan Haupt und Mario Ködel, Anm. d. Red.) überlassen, die das schon seit einigen Jahren machen. Das kenne ich auch noch von früher aus dem Radio: Man macht sich anhand der Beschreibung ein Bild davon, was gerade im Stadion passiert. Im TV ist das etwas anderes, da geht es eher um taktische Einschätzungen. Ich habe am Donnerstag auf jeden Fall versucht, klare Bilder zu formulieren.
Wie hast du dich auf den Einsatz vorbereitet?
Petersen: So wie immer: Also den Gegner analysiert und mich mit der aktuellen Situation beim SC beschäftigt. Außerdem habe ich mich darauf verlassen, dass unsere beiden Fanreporter mich ein bisschen an die Hand nehmen, mir aber auch freien Lauf lassen, wenn ich mal etwas sagen möchte – das hat toll funktioniert.
Wo siehst du bei einer solchen Reportage die besonderen Herausforderungen?
Petersen: Man muss sehr schnell reden und immer konzentriert bleiben, weil es darum geht, wahnsinnig viele Informationen auf einmal zu vermitteln. Dazu kommt der stete Wechsel zwischen den Kommentatoren, der koordiniert funktionieren muss.
Du kennst das Stadionerlebnis mittlerweile aus den unterschiedlichsten Perspektiven: Als Spieler, Fan, Experte und jetzt als Blindenreporter. In welcher Rolle fühlst du dich am wohlsten?
Petersen: Als Fan ist es im Stadion wohl am einfachsten, weil man sich neben dem Anfeuern der Mannschaft ganz auf das Spiel konzentrieren kann. Als Spieler auf dem Rasen zu stehen, habe ich zwar immer sehr genossen, aber es ist natürlich mit einem ganz anderen Druck verbunden. Insgesamt macht mir das Experten-Dasein sehr viel Spaß, zumal ich versuche den Job immer wertschätzend und respektvoll auszuüben. Da habe ich einen großen Anspruch an mich selbst. Und es gibt mir wahnsinnig viel, mich vor und nach dem Spiel mit alten Weggefährten auszutauschen.
Besteht die Möglichkeit, dass du in Zukunft mal wieder als Co-Kommentator bei „Sportclub live“ in Erscheinung trittst?
Petersen: Aus meiner Sicht auf jeden Fall. Man hat einen richtig guten Platz auf der Medientribüne über dem Spielertunneleingang und ist sehr nah am Spielgeschehen. Außerdem rede ich sehr gerne und mag das Gefühl, gebraucht zu werden – das war als Spieler schon so und ist jetzt auch im „Medien-Dschungel“ so. Zumal mir jeder Einsatz die Gelegenheit bietet, mich in diesem Bereich weiter zu verbessern. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass wir bald wieder auf der Medientribüne zusammenfinden (lacht).
Interview: David Hildebrandt
Foto: SC Freiburg
Info:Ursprünglich nur bei Heimspielen als Service für Menschen mit Sehbehinderung eingerichtet, bietet der SC das barrierefreie Fanradio „Sportclub live“ seit einiger Zeit allen Fans im Stream auf der Website und App an. Da das Angebot so gut angenommen wird, sind unsere Blindenreporter Julian Limberger, Stefan Späth, Mario Ködel, David Keck und Friedemann Görtz mittlerweile auch bei (fast) allen Auswärtspartien im Einsatz. Wer reinhören möchte: Der Stream zum Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg (Samstag, 15:30 Uhr) startet wie immer fünf Minuten vor Anpfiff.

