Leki: "Keine Eintagsfliege"

Verein
12.08.2025

Im Interview mit dem SC-Stadionmagazin "Heimspiel" spricht SC-Vorstand Oliver Leki über die vergangene Saison, die außergewöhnlich frühen Sommertransfertätigkeiten des Sport-Club und über den Dialogprozess zum Präsidentenamt. Außerdem richtet er seinen Blick auf die neue Saison und das Zehn-Millionen-Euro-Investment des Vereins am Dreisamstadion.

Herr Leki, der SC Freiburg hat am letzten Spieltag der vergangenen Saison zuhause gegen Eintracht Frankfurt die Qualifikation zur Champions League äußerst knapp verpasst. Wie lange hat es gedauert, bis die Enttäuschung überwunden war?

Oliver Leki: Wenn man einen so großen Erfolg wie die erstmalige Qualifikation für die Champions League so knapp verpasst, dann ist eine gewisse Enttäuschung normal. Ein, zwei Tage hat sie bei mir angehalten. Aber die Bewertung ist doch klar: Die Mannschaft und das komplette Trainer- und Funktionsteam haben eine hervorragende Leistung abgeliefert. Wir sind in der Liga Fünfter geworden, haben uns wieder für die Europa League qualifiziert – zum dritten Mal in vier Jahren! Das hätten uns die Wenigsten vor der Saison zugetraut. Daher bin ich mit der abgelaufenen Saison absolut zufrieden.

Emotionen sind das eine. Wirtschaftlich betrachtet gehen dem Sport-Club durch das Verpassen der „Königsklasse“ enorme Mehrerlöse durch die Lappen. Allein die Startprämie ist in der Champions League mehr als 14 Millionen Euro höher als in der Europa League.

Leki: Die Champions League ist ohne Frage wirtschaftlich der mit Abstand lukrativste Wettbewerb im europäischen Vereinsfußball. Wobei auch die Europa League lukrativ ist: Wir haben in der Saison 2023/24, als wir das Achtelfinale erreichten, unterm Strich rund 20 Millionen Euro verdient. Und da die Wahrscheinlichkeit, Spiele zu gewinnen, für uns in der Europa League deutlich höher ist als in der Champions League, kann sich das auch wirtschaftlich wieder einigermaßen ausgleichen. Ehrlich gesagt hat mich die wirtschaftliche Betrachtung auch viel weniger umgetrieben als die sportliche Bedeutung für den gesamten Verein. Ich hätte es den Spielern, Trainern, unseren Fans und Mitarbeitenden einfach sehr gewünscht, zum ersten Mal in der „Königsklasse“ zu spielen.

Was erwarten Sie von der anstehenden Spielzeit?

Leki: Ich freue mich auf eine sehr spannende, aber auch anspruchsvolle Saison. Wir spielen wieder in drei Wettbewerben. Ich bin sehr gespannt auf die Auslosung der Europa League Ende August und auf unsere acht Gegner in der Ligaphase. Das wird durch die zusätzlichen Spiele und Reisen für die Mannschaft und auch für den gesamten Verein wieder eine andere Belastung. Die Vorfreude ist bei allen aber sehr groß. Europäisch zu spielen und die Bundesliga international zu vertreten, das motiviert uns alle.

Für den Sport-Club ist es die dritte Saison in der Europa League binnen vier Jahren. Was macht das mit dem Verein in der Außenwahrnehmung?

Leki: In erster Linie ist es ein großartiger sportlicher Erfolg. Natürlich wirkt sich diese Verstetigung auch positiv auf die Bekanntheit und die Beliebtheit des Vereins bei Fußballfans im In- und Ausland aus. Der SC Freiburg hat dadurch aber auch bei Unternehmen stark an Bedeutung hinzugewonnen. Auch weil der Verein ein beständiger, verlässlicher Partner ist, der bewiesen hat, dass es keine Eintagsfliege ist, was hier passiert. Wirtschaftlich betrachtet ist es für uns als Verein wichtig, dass wir dieses gute Niveau, das wir erreicht haben, halten und sukzessive weiterentwickeln können, um immer auch wieder in den Sport investieren zu können.

Im Geschäftsjahr 2023/24 stellte der Sport-Club – bedingt durch die Europa League und durch außerordentlich hohe Transferüberschüsse – sowohl beim Umsatz als auch beim Ergebnis neue Rekorde auf. Wie lief es im jüngst zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2024/25?

Leki: Die Saison 2023/24 war mit über 200 Millionen Euro Umsatz und einem Jahresüberschuss von mehr als 40 Millionen Euro wirklich außergewöhnlich. Diese Größenordnung werden wir 2024/25 nicht erreichen. Es wird aber wieder ein grundsolides, gutes Geschäftsjahr werden. Wie üblich werden wir die genauen Zahlen dann auf der Mitgliederversammlung im Oktober bekannt geben.

Der SC Freiburg hat ungewöhnlich früh in der Sommertransferperiode sechs Spieler geholt und ist damit in Vorleistung gegangen. Dieses vermeintliche Risiko auf dem Transfermarkt war in dieser Form neu und ungewöhnlich für den SC.

Leki: Sicherlich war diese Transferperiode für uns als Verein eine besondere. Wir haben in diesem Jahr alle Spieler, die wir verpflichten wollten, bekommen – und zwar zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Die wirtschaftliche Stärke, diese Transfers zu realisieren, haben wir uns in den vergangenen Jahren erarbeitet. Dazu gehört auch, dass wir schnell und konsequent agieren und auch in Vorleistung gehen können, ohne auf der Einnahmenseite eine unmittelbare Gegenfinanzierung haben zu müssen.

Muss am Ende der Transferperiode beim SC mindestens eine schwarze Null stehen?

Leki: Es ist bekannt, dass wir als Verein wirtschaftlich sehr solide vorgehen, dabei Chancen und Risiken gut abwägen. Es geht nicht darum, die Transferperiode isoliert zu betrachten, sondern das gesamte Geschäftsjahr ist entscheidend. Darauf richten wir unser Handeln aus.

Eine andere große Investition in die Zukunft betreibt der Sport- Club aktuell im Dreisamstadion, wo der Verein zehn Millionen Euro in die Hand nimmt, um die dortigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen vor allem für den Frauen- und Mädchenfußball zu verbessern. Was sind die Motive, als Pächter ein so großes Investitionspaket zu stemmen?

Leki: Wir haben lange dafür gekämpft, dass wir das Dreisamstadion weiter betreiben können. Es ist zwar ein städtisches Stadion, aber gleichwohl seit 70 Jahren auch Heimat des Sport-Club, das viele unsere Mitglieder und Fans nach wie vor im Herzen tragen. Die zehn Millionen Euro, die wir in den Umbau des Areals investieren, sind auch für den Gesamtverein eine große Summe. Wir tun das aber mit großer Überzeugung, weil wir den Frauen- und Mädchenfußball, der in der aktuellen Entwicklung noch nicht in der Lage ist, sich selbst zu refinanzieren, unterstützen und in die Lage versetzen wollen, durch professionelle infrastrukturelle Rahmenbedingungen aus sich heraus zu wachsen und die nächsten Schritte zu gehen. Im Ergebnis wird sich die neue gemeinsame Heimat der SC-Frauen und -Mädchen im Vergleich mit anderen Standorten im Frauenfußball mehr als sehen lassen können. Und dass wir am selben Ort mit dem „Kompetenzzentrum Kindersport“ und dem „Lernort Stadion“ gleichzeitig Themen unseres gesellschaftlichen Engagements umsetzen werden, finde ich eine gute, zukunftsgerichtete und damit sehr gelungene Kombination.

Verschiedene Spannungsfelder und Erfolgsparameter gibt es auch im Gesamtverein. Wie definieren Sie für sich eigentlich Erfolg des Vereins?

Leki: Das ist eine wirklich komplexe Frage, die ich mal versuche, in einem Satz zu beantworten (lacht): Es ist die Verbindung aus sportlichem und wirtschaftlichem Erfolg, Mitgliederwachstum mit klarem Bekenntnis zum eingetragenen Verein und gesellschaftliches Engagement, das wir jeden Tag gerade für junge Menschen in der Region erlebbar machen. Wenn dieser Dreiklang intakt ist, sind wir als Verein auf einem guten Weg.

Als gelungen bezeichneten viele Mitglieder auch den Dialogprozess zum Präsidentenamt, nachdem dieser bei einer Informationsveranstaltung Anfang Juni vorgestellt wurde. Wie blicken Sie auf die vergangenen neun Monate zurück?

Leki: Ich denke, dass es nach der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr richtig und wichtig war, bei dieser sehr grundsätzlichen Frage, wie es rund um das Präsidentenamt weitergeht, die Mitglieder einzubinden. Die Herausforderungen und Probleme des Präsidentenamtes mussten in geeigneter Form thematisiert werden. Wir wollten gemeinsam in einem strukturierten Prozess überprüfen, ob und welche Veränderungsmöglichkeiten es im Rahmen des eingetragenen Vereins, der wir ja auf alle Fälle bleiben wollen, im Sinne des SC Freiburg gibt. Daher haben wir den Prozess auch sehr breit und mehrstufig aufgestellt. Es gab viele Termine mit den unterschiedlichsten Gruppen: dem Aufsichtsrat, Vorstand, Ehrenrat, der Mitgliederinitiative, dem Fanbeirat mit Vertreterinnen und Vertretern der Fangemeinschaft und Fanclubs, der Ultra-Gruppen sowie der Supporters Crew Freiburg. Außerdem wurden 50 zufällig Ausgewählte eingebunden, womit auch nicht organisierte Mitglieder eine Stimme bekamen. Am Ende wurden in einem konstruktiven Rahmen tragfähige Lösungen erarbeitet, wie es weitergehen kann. Dieser Lösungsansatz wird auf der Mitgliederversammlung am 9. Oktober dieses Jahres als Satzungsänderung den Mitgliedern vorgeschlagen, worüber diese dann abstimmen.

Was halten Sie von dem erarbeiteten Lösungsansatz?

Leki: Ich halte den erarbeiteten Lösungsansatz für tragfähig und sehr sinnvoll. Auch die gemeinsame Arbeit und der Weg dorthin waren eine wertvolle Erfahrung. Ich wünsche mir für den Verein, dass die Mitglieder dem Vorschlag folgen und zustimmen werden.

Was nehmen Sie aus dem Prozess mit?

Leki: Dass wir als Verein für Veränderungen offenbleiben müssen. Es sollte möglich sein, und man muss das dann auch aushalten können, dass man sich innerhalb eines Vereins mit mittlerweile 75.000 Mitgliedern mit unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven auseinandersetzt. Wir haben in dem Prozess gezeigt, dass wir als Verein in der Lage sind, unterschiedliche Sichtweisen im Sinne der bestmöglichen Lösung für den Verein zusammenzuführen.

Lassen Sie uns zum Schluss noch ein sportpolitisches Thema ansprechen, das auch viele SC-Mitglieder und -Fans umtreibt: Das Bundeskartellamt sieht in seiner jüngsten kartellrechtlichen Bewertung der 50+1-Regel zwar „keine grundlegenden Bedenken“, ist aber der Ansicht, „dass die DFL konkrete Maßnahmen vornehmen sollte, um zukünftig eine rechtssichere Anwendung der Regel sicherzustellen“. Was heißt das in der Praxis?

Leki: Es ist ja bekannt, dass ich ein großer Verfechter von 50+1 bin und mich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Rechtssicherheit der Regel einsetze. Es wird jetzt darum gehen, die Einschätzungen des Bundeskartellamts zu verschiedenen Punkten in geeigneter Weise umzusetzen. Der Erhalt der 50+1-Regel steht dabei über allem.

Interview: Holger Rehm-Engel und Uli Fuchs

Foto: Imago Images

Das Interview erschien im Stadionmagazin "Heimspiel", das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert und auch im Abo erhältlich ist.

 
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