Unser Stadionmagazin Heimspiel feiert in dieser Saison seinen 30. Geburtstag! Hier gibt`s einige der schönsten Funde aus dem Archiv.
Adel Sellimi, Jahrgang 1972, kam 1999 vom FC Nantes zum Sport-Club und absolvierte bis Ende 2002 108 Pflichtspiele für die Breisgauer. 2004 beendete der 71-fache tunesische Nationalspieler seine Karriere bei seinem Jugendverein Club Africain Tunis. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn trainierte der Stürmer unter anderem die U20 seines Heimatlandes. Dennis Aogo, den Sellimi in der Spielzeit 2002/03 zum Doppelpass-Gespräch traf, war wenige Monate zuvor aus Mannheim in die Freiburger Fußballschule gewechselt. Bis 2008 trug der gebürtige Karlsruher mit nigerianischen Wurzeln 98 Mal das Trikot der SC-Profis, bevor es ihn in den Folgejahren zum Hamburger SV, dem FC Schalke 04, dem VfB Stuttgart und schließlich Hannover 96 zog.
Adel Selimi: Ich habe gehört, dass du mit der Nationalmannschaft unterwegs warst. Wo hast du denn gespielt?
Denis Aogo: Bei einem Freundschaftsturnier in England. Haben Sie in der Jugend auch Nationalmannschaft gespielt?
Sellimi: Ja, zum ersten Mal mit 12 Jahren.
Aogo: Bei uns fängt das noch nicht so früh an, erst mit der UI6, in der ich jetzt bin. Wie haben Sie denn den Sprung von der Jugend zu den Profis geschafft?
Sellimi: Als ich beim Club Africain gespielt habe. Wir sind zweimal Meister geworden, einmal Pokalsieger und haben einmal den Afrika-Cup gewonnen – das ist in etwa wie die Champions League.
Aogo: Das kenne ich. Ich komme auch aus Afrika, aus Nigeria. Allerdings war ich leider noch nie da. Aber das werde ich bald nachholen.
Sellimi: Ich bin dann 1996 nach Frankreich gegangen, nach Nantes.
Aogo: Sie haben doch für Tunesien bei der WM 2002 mitgespielt. Was ist das für ein Gefühl?
Sellimi: Das war schon meine zweite WM. Ich habe auch in Frankreich mitgespielt. Das ist natürlich super, wenn man in ein Stadion einläuft mit über 60.000 Zuschauern – einfach eine tolle Sache.
Aogo: Ist das nicht manchmal ein bisschen viel, die Doppelbelastung mit Nationalmannschaft und Liga-Spielen?
Sellimi: Manchmal schon. Man hat keine Zeit, Kraft zu tanken, sich zu erholen. Besonders schwer war es, wenn wir in Afrika gespielt haben, dann kamen die anstrengenden Flüge dazu. Die Regeneration dauert länger, und ich war oft müde. Und man kann weder im Verein noch im Nationalteam hundert Prozent geben.
Aogo: Sie waren jetzt lange verletzt. Das war bestimmt eine schwere Zeit.
Sellimi: Für den Kopf war es schwer. Wenn ich einen Monat lang nur Krafttraining mache oder Gymnastik und nur laufe, dann fehlt mir das Fußballspielen. Für mich waren es vier schwere Monate. Jedes Mal, wenn ich probiert habe wieder zu spielen, kam eine neue Verletzung.
Aogo: Es ist wahrscheinlich auch schwer, wieder in die Mannschaft zu finden.
Sellimi: Man braucht Zeit, aber die kann man sich nicht nehmen. Die anderen Spieler haben schon 20 Spiele Praxis, wenn man die Vorbereitungsspiele dazu zählt. Ich habe keine andere Wahl, als im Training und am Spieltag alles zu geben.
Aogo: Und jetzt sind Sie wieder fit?
Sellimi: Ich fühle mich wieder fit, aber noch nicht in Topform. Dazu brauche ich Praxis. Der Rhythmus im Spiel ist anders als im Training. Im Spiel macht man 20 bis 30 Sprints innerhalb kurzer Zeit - und du musst diese Sprints machen. Im Training ist das nicht so.
Aogo: Wir fahren bei Auswärtsspielen immer einen Tag vorher los, bei Heimspielen treffen wir uns erst am Spieltag. Gehen Sie zusammen in ein Hotel?
Sellimi: In Tunesien und Frankreich haben wir das gemacht. Beim SC übernachten wir vor Heimspielen zu Hause, und das ist gut. In der Familie kann ich mich in Ruhe vorbereiten und im eigenen Bett schlafen. Im Hotel ist man in einem fremden Bett und kann vielleicht nicht so gut schlafen.
Aogo: Wo haben Sie eigentlich angefangen Fußball zu spielen?
Sellimi: In Tunesien wird auf der Straße gespielt. So habe ich auch angefangen. Mit neun Jahren habe ich dann zusammen mit meinen beiden Brüdern beim Club Africain gespielt – und mit 17 Jahren zum ersten Mal als Profi in der Liga.
Aogo: Ich habe vier Geschwister und keiner hat was mit Fußball zu tun. Aber mein Vater kommt immer aus Karlsruhe zu unseren Spielen. Haben Ihre Eltern Sie unterstützt?
Sellimi: Meine Eltern hatten ein bisschen Angst um meine Zukunft. Ich habe mich mit 16 Jahren für Fußball entschieden. Manchmal braucht man etwas Glück, schließlich reicht eine schwere Verletzung – und alles ist vorbei. Ich hatte Glück.
aufgezeichnet von Daniela Frahm