Kleine Taktikschule: Manndeckung und Gegenmittel

Verein
21.09.2022

STRESS! STRESS! STRESS! U19-Trainer Federico Valente vom Sport-Club erklärt in der kleinen Taktikschule Manndeckung und die Gegenmittel dazu.

Herr Valente, täuscht der Eindruck oder stimmt es, dass die Manndeckung als Defensivstrategie gerade wieder in Mode kommt?

Federico Valente: Ich finde das auch extrem auffällig. Im Profibereich und in der Jugend: Nicht selten lassen Trainer ihr Team übers ganze Feld mit klarer Mann-Mann-Zuordnung verteidigen. Jeder Spieler läuft also einem festen Gegenspieler hinterher. Am extremsten und intensivsten ließ das vielleicht Marcelo Bielsa bei Leeds United so spielen. Da war der rechte Verteidiger auch mal links vorne, wenn sein Gegenspieler dort den Ball abholen wollte.

Beim Sport-Club kommt diese Defensivstrategie nicht in Frage?

Valente: Mann-orientiert verteidigen wir beim SC nur im Spielfelddrittel vor dem eigenen Tor, besonders im eigenen Sechzehner. Weiter vorne gilt: Ball vor Mann! Geht der Ball etwa zum gegnerischen Außenverteidiger, schieben wir kollektiv zum Ball, um dort in Überzahl den Raum zu verdichten, Passwege zu schließen und den Ball zu erobern. Eine klare Mann-Mann-Zuordnung gibt es dann nicht, zumal ballferne Gegner nun erstmal nicht interessieren.

Warum verzichten manche Trainer auf die Synergien des kollektiven Verteidigens und spielen lieber Mann gegen Mann?

Valente: Diese Strategie ist klar und simpel, dabei eklig für den Gegner: der jeweilige Ballbesitzer hat einfach immer Stress, Stress, Stress. Echte Spielkontrolle ist nie gegeben, weil keine ruhige Ballzirkulation möglich ist. Jede kleine Unsauberkeit im Spiel kann gefährlich werden. Denn natürlich sind Teams, die Mann gegen Mann verteidigen, auf Balleroberungen aus, um dann gegen einen noch quasi im Offensivmodus breit stehenden Gegner mit bestenfalls kurzem Weg zum Tor blitzartig umzuschalten. Oder aber sie provozieren einen langen Flugball, der fürs Ballbesitzteam schwer zu kontrollieren ist.

Kann man absolute Topteams mit dieser Defensivstrategie bezwingen?

Valente: Nein. Ich denke, gegen Teams mit durchweg Top-Einzelspielern ist es nicht Erfolg versprechend, ständig Mann-Mann-Duelle zu suchen – eher gegen Gegner, die auch ohne überragende Individualisten einen spielerischen Ansatz verfolgen. Teams, die beispielsweise vom Torabstoß weg flach rausspielen wollen, dabei aber nicht immer perfekt ballsicher sind.

Was sind aus Ihrer Sicht Lösungen gegen eine hohe Mann-Mann-Verteidigung?

Valente: Steht der Gegner hoch, hast du den Vorteil, dass sich in seinem Rücken viel bespielbarer Raum auftut. Statt diesen zu verkleinern, indem man den Gegner sofort mit einem langen Ball quasi zurückschiebt, kann man ihn deshalb mit dem flachen Rausspielen erstmal ganz bewusst locken. Klar, das ist natürlich nicht ohne Risiko. Aber schaffst du es, erstmal sauber flach von hinten rauszuspielen, ist nun die Chance groß, auf einen in die Tiefe einlaufenden Mitspieler durchstecken zu können und so eine große Torchance zu kreieren.

Aber wie spielt man gegen zehn gierige Manndecker zuvor sauber hinten raus?

Valente: Pässe in den Fuß sind eher riskant, weil der Bewacher des Angespielten leicht mal mit der Fußspitze dazwischenspritzen kann. Mehrheitlich solltest du stattdessen Bälle in den Lauf spielen, also in einen Raum legen, den ein Mitspieler anläuft. Als Agierender hat man so immer einen kleinen Bewegungsvorsprung vor dem nur reagierenden Gegner. Eine weitere Option ist das sogenannte Spiel über den Dritten. Dabei greifen Laufwege und Pässe so ineinander, dass der Ball quasi über den Umweg eines Spielers, der prallen lässt, zum anvisierten Spieler kommt – gern in den nun freien Raum, aus dem der Wandspieler seinen Gegner zuvor durch seinen Laufweg weggezogen hat (siehe Grafik).

Laut Xavi Hernández, Trainer des FC Barcelona, ist es „unmöglich, den dritten Mann zu verteidigen". Einfach umzusetzen ist dieses offensive Stilmittel wohl aber eher nicht?

Valente: Gerade unter starkem Gegnerdruck sind solche Situationen tatsächlich schwer zu erkennen und auszuspielen, weil du nicht zu ballfixiert, sondern hellwach schon einen Pass weiterdenken und dich mit dem richtigen Timing bewegen musst. Klappt so ein Spielzug über den Dritten aber, geht mitunter plötzlich viel Raum auf und der Gegner ist erstmal abgeschüttelt.

Interview: Timo Tabery und Uli Fuchs

 
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