Ein Bild mit Geschichte: Abschiedsblues

Verein
22.03.2023

Nach 30 Jahren hört Annette Lösle aus dem SC-Ticketing auf, „wenn’s am Schönsten ist“. In der alten Geschäftsstelle im Dreisamstadion hat sie die wunderbar wilden Aufbruchszeiten hautnah miterlebt – und sich nebenbei als Kickerin Duelle mit Sturmstar Birgit Prinz geliefert.

Dass die zweifache Weltfußballerin Birgit Prinz heute Sportpsychologin beim Frauenteam der TSG Hoffenheim ist, wusste ich bislang nicht. Wie irre viel Spaß es mir gemacht hat, direkt gegen diese Ausnahmestürmerin vom 1. FFC Frankfurt zu spielen, weiß ich aber noch ganz genau. Ab Ende der 90er kam ich als SC-Abwehrspielerin einige Male dazu.

Das Foto zeigt uns 1998 im Stadion am Brentanobad in Frankfurt, wo alle zwölf Frauen-Erstligaclubs kurz vor Saisonstart ein Turnier ausspielten. Als Aufsteiger waren wir Freiburgerinnen erstmals dabei und merkten gleich, dass im Oberhaus die Uhren anders tickten. Unsere Torfrau Alex Schwald musste viele Bälle aus dem Netz holen. Und unsere Premierensaison in Liga eins endete dann auch mit dem Abstieg.

Ich denke, ich war eine harte, aber faire Verteidigerin. Wie das Bild erahnen lässt, habe ich mich im Zweikampf mit allem gewehrt, was ich hatte. Birgit Prinz war mal so von mir genervt, dass sie so lange den Schiri anmotzte, bis sie die Gelbe Karte sah. Darüber muss ich noch heute schmunzeln.

Parallel zum Kicken leitete ich mit Birgit Bauer, der heutigen Managerin der SC-Frauen, seit 1993 die Geschäftsstelle im Dreisamstadion. Das hieß: Arbeit von 9 bis 17 oder 18 Uhr, dann kurz heim, Essen, Klamottenwechsel und zurück zum Training auf dem Hartplatz. In den 70ern hatte ich nahe des elterlichen Lebensmittelladens am Rotteckgymnasium mit Bolzen angefangen. Als einziges weiteres Mädchen war Vera Kuri dabei, meine älteste Kindergartenfreundin, die dann auch in den 90ern beim Sport-Club mit mir kickte.

Wilde Zeiten des Aufbruchs waren das damals beim SC: Präsident Achim Stocker, Vize Hellmut Gebhardt und Profi-Trainer Volker Finke saßen oft bei Birgit Bauer und mir in der Geschäftsstelle, quatschten völlig offen vor uns und eintretenden Kunden über die Profis, rauchten und nebelten uns völlig ein.

Die Euphorie nach dem Erstligaaufstieg der Profis 1993 war so riesig, dass die Fans mit Schlafsäcken am Stadion campierten, um Heimspielkarten zu ergattern. Es war unangenehm, irgendwann sagen zu müssen: „Sorry, alle Tickets sind weg.“ Hilfreich war da die Präsenz von Herrn Stocker, der das Herz des Vereins war und sich schützend vor uns stellte. Einmal hat er mich allerdings fast mit dem Auto angefahren: Ich war ihm hinterhergerannt, weil er das „Mäpple“ mit dem Bargeld aus dem Ticketverkauf auf dem Autodach hatte liegen lassen. Zum Glück hab ich ihn da noch erwischt.

Nach 30 Jahren beim Ticketing höre ich Ende März auf. Vor paar Tagen hab ich gekündigt, um mich mehr um meinen Vater kümmern zu können. Der Zeitpunkt meines Ausstiegs scheint mir nach dem geglückten Umzug ins Europa-Park Stadion auch ganz passend. Ein anderes, spätes Highlight meiner SC-Zeit war natürlich das Pokalfinale in Berlin, auch wenn die Ticketvergabe zuvor eine stressige Mammutaufgabe war, zumal uns der Schlüssel zum Safe, in dem die Tickets lagerten, einmal abgebrochen ist.

Aufgezeichnet von Timo Tabery

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist

 
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