Pokal pur: SC ringt St. Pauli nieder

Profis
19.10.2022

Der Sport-Club dreht einen Rückstand nach späten Treffern von Matthias Ginter (90.+3) und Michael Gregoritsch (119.) in der Verlängerung gegen den FC St. Pauli und steht nach dem 2:1 (0:1, 1:1)-Sieg im Pokal-Achtelfinale.

Als Michael Gregoritsch in der 119. Minute das 2:1 für den Sport-Club erzielte, waren es vermutlich mehrere Tonnen an Steinen, die den Fans nach dieser nervenaufreibenden Partie von den Herzen fielen. Doch der Reihe nach.

Im Vergleich zur 0:5-Niederlage beim FC Bayern München hatte das Freiburger Trainerteam die Startformation auf sieben Positionen verändert. Daniel-Kofi Kyereh, der zuletzt mit muskulären Problemen aussetzen musste, hatte es gegen seinen Ex-Club zumindest wieder in den Kader geschafft. Noah Atubolu stand beim Sport-Club von Beginn an im Tor und feierte damit sein Debüt im Bundesligateam des SC. Der 20-Jährige wäre nach vier Minuten bei einem ersten Vorstoß der Hamburger zur Stelle gewesen, musste beim etwas zu hoch angesetzten Schuss von Etienne Amenyido aber noch nicht eingreifen.

Atubolus Vorderleute brauchten eine Weile, bis sie richtig in dieser Partie ankamen. „Wenn wir nur hinfahren und verteidigen wollen, dann werden wir Probleme kriegen. Wir müssen sie beschäftigen und ihre individuelle Qualität kontrollieren“, hatte St. Paulis Trainer Timo Schultz vor der Partie ausgegeben. Seine Mannschaft hielt die Freiburger Freigeister um Ritsu Doan in der Anfangsphase konsequent vom eigenen Tor fern und so dauerte es eine halbe Stunde, ehe SC-Kapitän Christian Günter Gäste-Keeper Nikola Vasilj mit einem wuchtigen Distanzschuss aus 20 Metern erstmals prüfte.

Atubolu vereitelt Großchance

Nach 37 Minuten blieb den Freiburger Fans kurz das Herz stehen, als plötzlich St. Pauli in einer Zwei-gegen-Eins-Situation auf die Südtribüne zustürmte und Lukas Daschner den im Fünfmeterraum freistehenden Etienne Amenyido mit einem Querpass bediente. Noah Atubolu verhinderte jedoch mit einer herausragenden Fußabwehr das sicher geglaubte Gegentor – und wurde zurecht von den Anhängern gefeiert.

„Wir sind schwierig in das Spiel gekommen. Das Tor, das wir dann bekommen – kein Vorwurf – ist ein Geschenk“, sagte Christian Streich über die aus SC-Sicht zähen erste 45 Minuten. Gegen das „Geschenk“, das der Freiburger Trainer erwähnt, war auch der ansonsten sehr souveräne Atubolu chancenlos. Keven Schlotterbeck ließ sich als letzter Mann den Ball von Lukas Daschner abluchsen. Der Hamburger Offensivmann traf anschließend frei vor Atubolo per Lupfer zum 0:1. Die Kiez-Kicker, bei denen Maximilian Eggesteins Bruder Johannes auf der Bank saß, gingen mit der Führung in die Pause.

Vierfach-Wechsel zur Pause

Das Freiburger Trainerteam war mit der ersten Halbzeit ganz offensichtlich alles andere als einverstanden und brachte gleich vier neue Spieler in die Partie: Philipp Lienhart, Nicolas Höfler, Daniel-Kofi Kyereh und Michael Gregoritsch ersetzten Keven Schlotterbeck, Maximilian Eggestein, Wooyeong Jeong und Nils Petersen.

Der Sport-Club kam zwar mit viel Schwung aus der Pause. Offensiv blieb es aber bei Annäherungen, beispielsweise beim abgefälschten Schuss von Ritsu Doan (46.) oder dem Kopfball von Michael Gregoritsch (51.). Auf der Gegenseite suchten die Gäste aus dem hohen Norden ihr Heil weiterhin in der Offensive. Nach 55 Minuten hatte Etienne Amenyido auf Vorarbeit von Jackson Irvine gar das 0:2 auf dem Fuß, brachte aus kurzer Distanz aber nicht genügend Druck hinter den Ball.

Pausenlos angetrieben von den eigenen Fans drängte der Sport-Club auf den Führungstreffer. Nach 71 Minuten setzte sich Noah Weißhaupt auf dem linken Flügel durch, seinen Rückpass von der Grundlinie lenkte Eric Smith nur Zentimeter neben das eigene Tor.

„Mit jeder Minute konnten wir das Tempo erhöhen“, sagte SC-Trainer Christian Streich nach der Partie. „Am Ende ist Matthias Ginter sinnbildlich, der gar nicht mehr laufen konnte, für die Mannschaft, wie er sich durchgebissen hatte.“

Ginter erlöst SC-Fans

In der hitzigen Schlussphase mit mehreren verbalen und auch körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Kontrahenten mussten diejenigen unter den 33.500 Zuschauern, die es mit dem SC hielten, ganz lange zittern. Ein Großteil der fünf Minuten Nachspielzeit war bereits abgelaufen, als Yannik Keitel mit einer Flanke aus dem Halbraum Matthias Ginter am langen Pfosten fand, der zum ganz späten Ausgleich einköpfte (90.+3). Philipp Lienhart hätte nach einem Eckball beinahe noch das 2:1 erzielt, traf aber nur Michael Gregoritsch auf der Linie (90.+4). So gab es, wie bereits in der ersten Runde in Kaiserslautern, Verlängerung gegen den Zweitligisten.

In einer zunächst chancenarmen Extrarunde brauchte es einen Standard, um das Hamburger Bollwerk erstmals zu durchbrechen: Vincenzo Grifo lupfte einen Freistoß 37 Meter vor dem Tor in den Lauf des durchstartenden Michael Gregoritsch, der mit seinem gefährlichen Querpass im Zentrum jedoch keinen Abnehmer fand (103.).

Gregoritsch erzielt den goldenen Treffer

Nach dem Seitenwechsel reagierte Noah Atubolu zunächst stark beim strammen Distanzschuss von Marcel Hartel (110.). Am anderen Platzende entfernt musste sich Nikola Vasilj ganz lang machen, um den als Flanke angedachten Heber von Yannik Keitel noch über den Querbalken zu lenken (118.). Die anschließende Ecke stellte dann die Dachkonstruktion des Europa-Park Stadions auf eine harte Probe: Flanke Grifo, Kopfball Gregoritsch – ohrenbetäubender Jubel.

Nach einem echten Pokalfight mit besserem Ende für die Freiburger resümierte Streich: „Es war ein großartiges Spiel von beiden Mannschaften, die alles gegeben haben. Am Ende ist St. Pauli die unglücklichere.“ Am Samstag (15.30) empfängt der Sport-Club in der Bundesliga, die sich in ihrer Pokalpartie im Elfmeterschießen dem SC Paderborn geschlagen geben musste.

Marius Faller

Foto: Achim Keller

Stenogramm

Aufstellung SC Freiburg: Atubolu - Kübler, Ginter, Schlotterbeck (46., Lienhart), Günter - Keitel, Eggestein (46., Höfler) - Doan, Jeong (46., Kyereh), Weißhaupt (76., Grifo) - Petersen (46., Gregoritsch) 
Trainer: Christian Streich 
Bank: Flekken, Sildillia, Höfler, Höler, Schade, Kyereh 
  
Aufstellung FC St. Pauli: Vasilj - Dzwigala, Fazliji (91., Wieckoff), Smith - Metcalfe, Aremu (90.+6, Eggestein), Paqarada - Irvine, Hartel - Daschner (87., Otto), Amenyido (57., Matanovic, 92., Beifus) 
Trainer: Timo Schultz 
Bank: Smarsch, Burchert, Ritzka 
  
Tore: 0:1 Daschner (42.), 1:1 Ginter (90.+3), 2:1 Gregoritsch (119.) 
Gelbe Karten: Kübler - Fazliki, Aremu, Daschner, Wieckhoff, Irvine, Dzwigala 
Gelb-Rote Karten:  
Rote Karten:  
Schiedsrichter: Felix Brych 
Zuschauer: 33.500 

 

 
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