Seit fast fünf Jahren trägt Nils Petersen das SC-Trikot.
Vor dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt an diesem Sonntag (18 Uhr, live auf Sky und im Ticker auf scfreiburg.com) spricht der Stürmer über Zahlen, einen Kreis, der sich schließen könnte - und einiges mehr.
Nils, bist Du ein Zahlenmensch?
Eigentlich schon, ja (schmunzelt).
Fünf Siege, drei Unentschieden, ein Torverhältnis von 19:12, 18 Punkte auf dem Konto, Tabellenplatz fünf. Nach zehn Spieltagen ist das mehr als nur Zufall, oder?
Ja, ich denke schon. Natürlich gibt es in der Anfangsphase einer Saison immer Mannschaften, die überraschend im Tabellenkeller stehen oder wie in unserem Fall vorne in der Tabelle. Aber nach zehn Spieltagen kann man schon davon sprechen, dass es verdient ist. Es gab die Heimspiele gegen Augsburg und Köln, in denen wir Punkte hergeschenkt haben. Dafür haben wir in anderen Spielen Punkte ein bisschen ergaunert, die vielleicht so nicht eingeplant waren. Alles in allem finde ich, dass wir zurecht stehen, wo wir stehen.
Das Unentschieden in Bremen war schon eher verdient als ergaunert, selbst von zwei Rückständen hat sich der Sport-Club nicht beeindrucken lassen. Wieso gelingt uns das diese Saison so viel besser als noch vergangene?
Es sind Kleinigkeiten. Wir haben schon das Spielglück auf unserer Seite, aber wir haben auch eine wahnsinnig gute Körpersprache und die Qualität in der Mannschaft, immer wieder zurückzukommen. Aktuell sind wir sehr unanangenehm zu bespielen. Kein Gegner schreibt uns ab. Diesen Respekt haben wir uns erarbeitet. Die Tore verteilen sich auf mehrere Schultern, wir verteidigen sehr gut, der Konkurrenzkampf und der Kader sind groß. Momentan sprechen viele Faktoren dafür, dass der Erfolg gerechtfertigt ist. Die Kunst ist es, das Woche für Woche zu bestätigen.
Beide SC-Tore in Bremen hast Du geschossen. Ausgerechnet bei Deinem Ex-Verein, den Du 2015 in Richtung Freiburg verlassen hast. Was hast Du Dir da hinterher anhören dürfen?
Für uns hat sich der Ausgleich in der Nachspielzeit und in Unterzahl wie ein Sieg angefühlt, für Bremen weniger. Deshalb tat es mir nach dem Spiel schon leid, in die Gesichter der ganzen Bremen-Mitarbeiter zu schauen. Die hätten sich gerne mit einem Sieg gegen uns aus dem Tabellenmittelfeld befreit. Im gleichen Atemzug haben sie mir aber das Gefühl vermittelt: Wenn sie es jemandem gönnen, dann mir. Das war schon nett. Und ich wünsche Bremen genauso den größtmöglichen Erfolg.
Erfolg ist ein gutes Stichwort. Um noch eine Zahl in den Raum zu werfen: Was verbindest Du mit der 83?
(lacht) Ich werde jetzt wahrscheinlich auf Jogi Löw angesprochen. Die Zahl hat mir schon mal jemand verraten. Aber bis zu seinem SC-Tor-Rekord fehlen noch welche, oder?
Ganz so viele sind es nicht mehr, genau genommen zwei. Die Tore in Bremen waren Deine SC-Treffer Nummer 80 und 81. Ist das für Dich mehr als eine schöne Randnotiz?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir völlig egal ist. Als ich nach Freiburg gekommen bin, hätte ich nie damit gerechnet, hier mal Rekordtorschütze werden zu können. Als Fußballer denkt man selten langlebig, weil das Geschäft so schnelllebig ist. Ich war schon als Kind Bundesliga-Fan. Klar ist es dann schön, in der Jokerliste einen Claudio Pizarro zu überholen oder jetzt eben Jogi Löws Rekord einstellen zu können. Das nehme ich gerne mit und es macht mich schon ein bisschen stolz. Aber überbewerten möchte ich es auch nicht.
Angefangen hat alles am 31. Januar 2015. Was fällt Dir zu dieser Zahl ein?
Besser hätte ich mir meinen Start in Freiburg nicht ausmalen können. Wir haben damals gegen Frankfurt gespielt. Für mich war es das erste Pflichtspiel für den SC. Es begann für mich eigentlich mit einem Negativerlebnis, weil ich auf der Bank saß und wir zur Halbzeit zurücklagen. Als ich eingewechselt wurde, habe ich mit meinen drei Toren dann zum Glück helfen können, das Spiel zu drehen. Diese Euphorie konnten wir alle mitnehmen - zumal einen Tag später ja noch der Bürgerentscheid zum neuen Stadion stattfand. Dieses Wochenende habe ich nicht vergessen.
Drei Treffer gegen Frankfurt, am Sonntag könnte sich also ein Kreis schließen...
Ich versuche, gar nicht zu sehr an die Vergangenheit und irgendwelche Rekorde zu denken. Ich nehme es, wie es kommt. Damit war ich bisher immer am erfolgreichsten. Klar brauche ich Ziele und Träume, aber es braucht immer auch ein Stückchen Demut und Dankbarkeit. Ich hatte auch schon einige Durststrecken, aus denen ich gelernt habe, eine gute Balance zu finden zwischen Träumen und Demut.
Du hast das Frankfurter 5:1 gegen die Bayern nicht live sehen können, weil wir parallel gespielt haben. Hast Du das mittlerweile nachgeholt?
Ja. Die Highlights habe ich gesehen. Durch die Europa League und die Sonntagsspiele habe ich Frankfurt in dieser Saison generell schon öfters gesehen. Und ganz unabhängig von dem Spiel gegen die Bayern müssen wir uns da nichts vormachen: Das ist ein Kracher, der auf uns zukommt. Diese Erfolgsgeschichte seit den Trainern Niko Kovac und Adi Hütter spricht für sich. Aber wir sind auch nicht schlecht.
Die Frankfurter sind mit 17 Punkten Tabellensiebter, kommen mit dem Sieg gegen den FC Bayern im Rücken und mit einem Europa-League-Spiel am Donnerstag gegen Standard Lüttich nach Freiburg. Wie gelingt eine Überraschung gegen die Eintracht?
Unsere Fans haben ein gutes Gespür für die Situation. Sie freuen sich über die 18 Punkte, wissen, dass wir aktuell viel erreichen können. Trotzdem wissen sie auch, dass Frankfurt eine wahnsinnige Wucht mitbringt. Bisher hatten wir immer eine unglaubliche Geduld von Zuschauerseite, die viel ausmacht. Die Fans verzeihen uns Rückstände, pushen uns nach vorne, sodass wir aus wenigen Dingen viel machen können. Ich bin sehr gespannt auf das Aufeinandertreffen, das wird ein schönes Spiel für alle Seiten.
Interview: Marcel Burger, Sina Ojo
Foto: Achim Keller