Mit 20 Jahren gehört Nico Schlotterbeck bei der Regionalliga-Mannschaft des SC Freiburg zu den arrivierten und bei den Bundesliga-Profis zu den jüngeren Kräften.
Vor dem Heimspiel an diesem Samstag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky und im Ticker auf scfreiburg.com) gegen Union Berlin spricht der Innenverteidiger über sein Leben zwischen den Welten und das Wiedersehen mit Bruder Keven.
Nico, woraus hast Du am Wochenende mehr Kraft gezogen: Daraus, vor 80.000 Zuschauern eingewechselt zu werden, aber trotz einer guten Mannschaftsleistung knapp mit 0:1 zu verlieren oder am Tag drauf vor 400 Zuschauern 90 Minuten durchzuspielen und 3:0 zu gewinnen?
Nico Schlotterbeck: Schwer zu sagen. Für mich war es auf jeden Fall gut, wieder mal 90 Minuten zu spielen, nachdem ich das vorher schon länger nicht mehr gemacht hatte, und gegen Pirmasens auch noch zu gewinnen. Als ich in Dortmund reingekommen bin, habe ich das natürlich auch genossen. Dort war der Druck von außen allerdings viel größer, weil einfach die Kulisse viel größer war und deutlich mehr Leute vor dem Fernseher zugeschaut haben. Das war ein ganz anderes Gefühl.
In der U23 gehörst Du zu den Spielern, die vorangehen. Wie würdest Du Deine Rolle bei den Profis beschreiben?
Aus dem Vorjahr bin ich es ja schon gewohnt, mit den Profis zu trainieren und bei der U23 zu spielen. Als junger Spieler ist es für mich deshalb völlig normal, dass ich beim Eck-Spiel der Erste bin, der in der Mitte steht, oder dass ich nach dem Training die Bälle aufräume. Wenn ich was zu sagen habe, sage ich das natürlich auch bei den Profis. Da bin ich aber eher der, der sich in die Mannschaft einfügt und versucht, die bestmögliche Leistung zu zeigen.
Du konntest die 0:1-Niederlage beim BVB direkt am Tag drauf mit einem positiven Erlebnis gegen Pirmasens kompensieren. Wie fällt Dein Fazit zu Dortmund heute aus?
Auch mit ein bisschen Abstand haben wir in meinen Augen ein sehr gutes Spiel gemacht. Wir haben sehr gut verteidigt und auch die Chance gehabt, zumindest einen Punkt zu holen. Das Spiel in Dortmund ist noch bisschen präsent, aber wir denken auch schon ans nächste Wochenende...
..., an dem ein Heimspiel gegen Union Berlin (30 Punkte) wartet. Zweimal haben wir uns dem Aufsteiger heuer in Liga und Pokal schon geschlagen geben müssen. Was macht die Mannschaft um Deinen Bruder Keven so unangenehm?
Ich schaue mir oft Spiele von Union an. Die Berliner spielen oft Mann-gegen-Mann über das gesamte Feld, sind sehr giftig in den Zweikämpfen, kopfballstark, laufstark und auch bei den zweiten Bällen gut. Sie haben von allem ein bisschen was, würde ich sagen. Das macht sie gefährlich. Deshalb haben sie zurecht auch so viele Punkte, wie sie haben.
Mit 33 Zählern stehen wir knapp vor Berlin, bräuchten zum Klassenerhalt aber wohl noch ein paar Punkte mehr. Lassen sich denn von Keven, der im Sommer leihweise vom Sport-Club nach Berlin gewechselt ist, ein paar Tipps entlocken?
Nee. Ich weiß natürlich, dass mein Bruder beispielsweise viele lange Bälle spielt und auch gerne mal die Zwischenräume sucht. Aber wenn wir am Wochenende gegeneinander spielen, haben wir unter der Woche kaum Kontakt.
Du und Keven habt in Freiburg in einer WG gewohnt. Wie oft seht Ihr Euch aktuell noch?
Das letzte Treffen war an Weihnachten. Davor war er beim U21-Länderspiel im Schwarzwald-Stadion. Arg oft können wir uns aber nicht besuchen, wir machen das eher über Facetime. Bei unseren Eltern ist das anders, die teilen sich bei unseren Spielen in der Regel auf.
Wie sehr fehlt Dir das Zusammenleben mit Deinem Bruder?
Es war schon toll, gemeinsam mit meinem Bruder Bundesliga zu spielen. Vor Freiburg sind wir aber eigentlich schon länger relativ getrennte Wege gegangen, weil ich viel in Nachwuchsleistungszentren war. Deswegen fehlt er mir jetzt nicht so richtig (lacht).
Über die Aussage wird er sich freuen.
Ach, er kennt mich (grinst). Und wir schätzen uns ja auch. Nach Spielen tauschen wir uns zum Beispiel immer aus und beurteilen die Leistung des anderen, weil wir da auch einfach kritischer miteinander sind als unsere Eltern.
Was kannst Du klar besser als Dein Bruder?
Vielleicht war ich in den Kindheitstagen ehrgeiziger als Keven. Bei mir gab es nur das Ziel Fußballprofi, er hat das erst in den letzten Jahren nachgeholt.
Worin ist Dein Bruder klar besser als Du?
Hmm, schwer zu sagen. Vielleicht hat er einen besseren rechten Fuß. Das ist aber auch das Einzige (grinst).
Und wie kriegen wir es hin, dass an diesem Samstag endlich mal Dein Bruder dem SC gratuliert und nicht umgekehrt?
Wir sollten auch giftig in den Zweikämpfen sein, gut in die Breite spielen, uns Chancen erarbeiten, effizient vor dem Tor sein - und das Publikum mitnehmen.
Interview: Marcel Burger, Sina Ojo