„Altersgruppe leidet unter der Pandemie“

Engagement
06.12.2021

71 Prozent der Kinder sind psychisch belastet, jedes dritte Kind leidet seit Beginn der Pandemie unter psychischen Auffälligkeiten. Die „INITIATIVE für unsere Kinder- und Jugendkliniken Freiburg“ will Abhilfe schaffen und bittet um Ihre Spende.

Frau Niemeyer, wenn im Zusammenhang mit Corona überhaupt einmal von Kindern und Jugendlichen die Rede ist, geht es zumeist um Unterrichtsaufall. Sie haben da allerdings eine andere Wahrnehmung, oder?

Charlotte Niemeyer: Mir machen die psychischen Folgen der Pandemie bei Kindern zunehmend Sorgen. Und das umso mehr, als dies öffentlich gar kein Thema zu sein scheint. Die meisten Menschen wissen, dass Kinder, die an SARS-CoV 19 erkranken, in der Regel keine sehr schweren Symptome haben. Sie wissen aber nicht, dass es dennoch genau diese Altersgruppe ist, die mit am meisten unter der Pandemie und den damit verbundenen Schutzmaßnahmen leidet.

Woran machen Sie das fest?

Niemeyer: Wir sehen die Belastung der Kinder leider schon seit Monaten an der Zahl der Anmeldungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die weiter steil nach oben geht. Es zeichnet sich derzeit ja leider ab, dass uns erneut ein schlimmer Winter bevorsteht. Natürlich müssen wir die Schulen offenhalten. Aber das ist nur ein Teil dessen, was geschehen muss, wenn wir der enormen Belastung der Kinder und Jugendlichen durch die Pandemie entgegenwirken wollen. Wir erfahren gerade aus den Medien, dass erwachsene Corona-Patienten aus überlasteten Kliniken ausgeflogen werden müssen, weil man für sie keinen Platz zur Behandlung hat. Wir hören aber nicht, wie viele psychisch belastete und erkrankte junge Menschen keinen Akutbehandlungsplatz erhalten können – auch hier in Freiburg nicht.

Berichten Sie uns doch bitte einmal, was sich da in den letzten Monaten aufgestaut hat.

Niemeyer: Seit Beginn der Pandemie hatten schulpflichtige Kinder nun schon insgesamt sieben Monate Homeschooling. In dieser Zeit sind sie komplett aus ihrem Leben gerissen worden. Ihre Freunde sind weg, es gibt kein Rausgehen mehr, keinen Sport, kein Sich-Austoben. Stattdessen sind sie eingesperrt in das familiäre Setting. Nicht jedes Kind kann das wegstecken. 71 Prozent der Kinder geben an, psychisch belastet zu sein, jedes dritte Kind leidet seit Beginn der Pandemie unter psychischen Auffälligkeiten. Das sind Kindern mit Depressionen, mit Angst- oder Essstörungen. Auch Schulverweigerung ist ein Thema. Dies sind junge Menschen, die wir eigentlich sofort auffangen müssten. Doch dafür fehlen uns die Kapazitäten.

Woran fehlt es vor Ort konkret?

Niemeyer: In der Freiburger Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt es für die Kinder und Jugendlichen, die dringend behandelt werden müssen, eine Warteliste, die bis weit in das Jahr 2022 hineinreicht. Diese Kinder müssten wir eigentlich sofort durch tagesklinische Angebote auffangen. Doch in dieser Tagesklinik haben wir zurzeit nur zwölf Plätze. Die Uniklinik versucht durch Anmietung von Räumlichkeiten an anderer Stelle weitere zwölf tagesklinische Behandlungsplätze bereit zu stellen.  

Welche Folgen hat es, wenn man akut Kranke nicht behandeln kann? Sind diese Kinder dann sich selbst überlassen?

Niemeyer: So ist es. Leider. Diese Kinder warten zuhause und leiden still vor sich hin. Diese Kinder werden uns noch lange beschäftigen. Auch für uns als Ärzte und Behandelnde ist es belastend, dass wir diesen Kindern in Not nichts anbieten können. Derzeit sagen wir: Wir würden ihnen gerne helfen, aber wir können nicht, sondern vertrösten sie auf später. Aber was sollen die Kinder so lange machen mit ihren Ängsten, Depressionen, mit ihren Essstörungen? Es gibt in der Region schon lange einen großen Bedarf an akuten Behandlungsmöglichkeiten für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche. Aber jetzt kocht es richtig über.

Genau hier setzt die INITIATIVE an, an die die Spenden aus der diesjährigen Weihnachtsaktion des Sport-Club gehen sollen.

Niemeyer: Über die Aktion des Sport-Club freuen wir uns sehr. Wir müssen jetzt die Infrastruktur von den tagesklinischen Angeboten bis zur Personalgewinnung aufzubauen. Diesen Kindern und Jugendlichen zu helfen, ist unseres Erachtens ähnlich dringend wie die Zahl der Intensivbetten für Erwachsene mit Covid-Symptomen zu erhöhen. Doch das muss erst mal in das öffentliche Bewusstsein gelangen. Gerade deshalb ist uns die Aktion so wichtig.

Interview: Christoph Ruf

 

Spendenkonto: DE56 6805 0101 0013 1625 19
Kennwort: SC-Weihnachtsaktion
Kontakt: 
https://www.initiative-kinderklinik.de/
info@initiative-kinderklinik.de

 
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