Hanno Franke und Tobias Rauber von der Abteilung Gesellschaftliches Engagement erläutern, dass „Lockdown“ für den SC nie Rückzug bedeutete. Die Projekte, die in dieser Zeit entwickelt wurden, halfen, die Folgen der Pandemie besser zu bewältigen – und bleiben wichtig.
Herr Franke, vergangenen März kam mit dem Lockdown auch die Bundesliga zum Erliegen. War das, was folgte, für Sie die bislang größte Herausforderung in Ihrer Zeit beim SC?
Franke: Nicht nur für mich – das gilt, denke ich, für alle Mitarbeiter in allen Abteilungen des SC. Wir haben alle bisher eine solche Situation nicht erlebt. Und natürlich hat uns auch beschäftigt, was es für andere bedeutet. Deswegen haben wir abteilungsübergreifend eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Für den SC Freiburg hat „Lockdown“ nicht Rückzug bedeutet. Im Gegenteil, wir haben versucht, uns gezielt zu engagieren.
Wie?
Franke: Gemeinsam mit unserem Partner Schwarzwaldmilch haben wir Mitglieder des SC, die altersbedingt zur Risikogruppe gehören, zuhause mit einer Aufmerksamkeit bedacht – mit beeindruckenden Reaktionen. Sozusagen über Nacht haben wir außerdem die digitale Plattform #SCFreiburghilft aufgeschaltet, über die man an lokale, in Not geratene Gastronomiebetriebe und Kulturschaffende spenden konnte. Wir haben überhaupt zum ersten Mal gezielt Kultur in der Stadt gefördert, weil es gerade diese Branche so schwer getroffen hat.
Sagen Sie uns ein Beispiel?
Franke: Die Stadt Freiburg hat mit ihrer Stadtmarketing-Tochter FWTM virtuelle Konzerte im Netz organisiert. Die Erlöse aus dem Ticketverkauf gingen an lokale Künstler und Veranstalter. Diesem Projekt haben wir mit einer Anschubfinanzierung geholfen. Auch dem Kommunalen Kino haben wir für sein sehr charmantes Festival „Ins Weite“, das noch bis Mitte September läuft, unter die Arme gegriffen.
Worum geht es da?
Franke: Die Idee ist: Viele Menschen in der Region können oder wollen während der Pandemie nicht in den Urlaub gehen – können aber über dasFestival trotzdem weite Welt erfahren. In der Open-Air-Reihe gibt es filmisch, musikalisch und literarisch sehr interessante und ungewöhnliche Sachen zum Thema Reisen zu entdecken.
Herr Rauber, wir haben gerade gehört, wie sich der SC gemäß seinem Motto „mehr als Fußball“ gesellschaftlich engagiert hat – aber es gab auch fußball-spezifische Aktivitäten. Wie haben Sie die zurückliegende Zeit erlebt, und was für Sportangebote gab es?
Rauber: Erlebt habe ich es ähnlich gravierend wie Hanno. Weil kein Schulsport und kein Vereinstraining mehr stattfand, haben wir Bewegungsangebote für Kinder gemacht.
Welche konkret?
Rauber: Unsere „Füchsle-Ballschule Online“ beispielsweise, von der 20 Folgen erschienen sind. Das sind Videos, die das Ziel hatten, dass Kinder trotz des Lockdowns weiterhin Sport machen konnten – im Garten, auf der Straße, in der Wohnung. Wir kooperierten dabei mit anderen Sportarten und Vereinen, etwa mit dem Eishockeyteam EHC Freiburg oder den Basketballerinnen der Eisvögel.
Was ist da die Idee?
Rauber: Wir wollen generell den Kindern nicht nur Fußball nahe bringen, sondern ihr gesamtes Ball- und Körpergefühl ausbilden. Die Zusammenarbeit mit den anderen Vereinen ist dabei für uns sehr inspirierend. Und die Videos kamen klasse an, wie wir an den Klickzahlen und Rückmeldungen gesehen haben.
Können Sie diese Formate auch nach dem Lockdown langfristig mitnehmen?
Rauber: Höchstens ergänzend. Die Videos kamen gut an. Doch sie können die Freude beim gemeinsamen Training nicht wirklich ersetzen: Ball spielen, zusammen Spaß haben, auch im Wettkampf fair bleiben. Es ist gut und wichtig, dass das jetzt wieder möglich ist. In diesem Bereich haben wir Formate entwickelt, die wir auch in Zukunft gut gebrauchen können.
Zum Beispiel?
Rauber: Unsere „Zurück auf den Platz“-Übungssammlungen für die Jugendtrainer in den Vereinen. Das ist gezieltes Training für unterschiedliche Situationen: kleinere Gruppen und größere, mit Körperkontakt und ohne. Das kann ja alles noch einmal aktuell werden. Die Ehrenamtlichen in den Vereinen, die mit Hygienekonzepten auf und neben dem Platz schon extrem gefordert waren, haben dieses Angebot gerne angenommen.
Können jetzt eigentlich wieder alle Aktivitäten Ihrer Abteilung stattfinden?
Rauber: Vor den Sommerferien konnten wir die „Zurück auf den Platz“-Trainingseinheiten anbieten. Die Nachfrage war riesig. In den Sommerferien konnten wir unsere Füchsle-Camps wieder durchführen, unsere Schul-AGs werden mit Schulbeginn hoffentlich ebenfalls wieder aufgenommen, beides selbstverständlich unter Einhaltung der Hygienevorschriften. Wir werden die AGs im Schuljahr 2020/21 auf 17 wöchentliche Einheiten ausbauen. Gerade vor dem Hintergrund, dass Kinder verstärkt am Nachmittag an den Schulen bleiben, sind die Angebote wichtig.
Stoßen Sie an den Schulen eigentlich manchmal auch auf Vorbehalte? Etwa in dem Sinn: Die kommen ja doch nur zur Talentsichtung.
Rauber: Wir arbeiten nach dem Kinderfußball-Konzept des SC Freiburg und stimmen uns regelmäßig mit der Freiburger Fußballschule (FFS) und der Frauen- und Mädchenfußball-Abteilung ab. Martin Schweizer, der sportliche Leiter der FFS, hat bei einem Auftakttreffen mit allen Partnerschulen unser Konzept vorgestellt. Und da merkt man hinterher im Gespräch: Falls es je Vorbehalte gab – jetzt sind sie verschwunden.
Was ist die Idee dieses Konzeptes?
Rauber: Uns geht es nicht um Talentsichtung, sondern um alle Kinder, um Mädchen genauso wie Jungen. Es geht um sportartenübergreifendes Denken, wie die Einbindung anderer Sportarten zeigt. Wir möchten einfach, dass Sport für so viele Kinder wie möglich selbstverständlich wird. Und dass sie ihn auf der Grundlage zeitgemäßer sportpädagogischer Konzepte betreiben, die wir in der Nachwuchsarbeit beim SC auch selbst nutzen.
Wie viele Veranstaltungen bieten Sie eigentlich proSchuljahr an?
Rauber: 10 Füchsle-Ballschulen und 6 Funiño-AGs, jede einzelne an circa 35 Tagen im Schuljahr. Allein damit kommen wir auf fast 600 Veranstaltungen. Wir wollen keine Events liefern, sondern Kontinuität bieten – also Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder.
Geben Sie uns noch einen Ausblick in die nähere Zukunft?
Rauber: In Zähringen bieten wir unser Bewegungskonzept erstmals auch in einer Kindertagesstätte an, die zum Trägerverbund „Junikäfer“ gehört. Wir wollen diese Zusammenarbeit einmal ausprobieren – denn je eher Kinder an Bewegung herangeführt werden, desto besser ist das für sie. In Zähringen stärken wir zudem den Quartiers-Gedanken, indem wir neben der Kita auch mit der Grundschule und dem Verein vor Ort zusammenarbeiten.
Wie genau?
Rauber: An der Grundschule Tullaschule finden die Füchsle-Ballschule sowie die Funiño-AG statt – und Alemannia Zähringen ist neu als Partner mit an Bord. So etwas können wir uns auch für andere Stadtteile vorstellen. Wir würden uns freuen, wenn solche Kooperationen langfristig dazu führen, dass die lokalen Vereine dadurch neue Mitglieder gewinnen. Und wenn aus einem immer größeren Pool von sportbegeisterten Kindern in der Region irgendwann auch noch ein Mädchen oder ein Junge mehr als bisher den Weg zum SC finden – dann hätten wir natürlich auch nichts dagegen.
Täuscht der Eindruck oder hat Corona neben all den Einschränkungen beim SC auch produktive Prozesse in Gang gesetzt?
Rauber: Es hat auf jeden Fall unsere Flexibilität und Kreativität gesteigert.
Franke: So habe ich es auch erlebt. Es war und ist eine außergewöhnliche Zeit, die auch Kreativität erfordert –und ich glaube, da hat bei uns der gesamte Verein gemeinsam einiges hingekriegt.
Hanno Franke ist Abteilungsleiter Marketing und Gesellschaftliches Engagement beim SC Freiburg.
Tobias Rauber ist Leiter der Abteilung Gesellschaftliches Engagement beim SC Freiburg.
Interview: Uli Fuchs, Mathias Heybrock