Über Doha und Accra nach Sotogrande

Profis
10.01.2023

Kofi Kyereh im Interview über exorbitante Trinkgelder, Teenie-Tränen und große Lust auf Fußball mit dem Sport-Club.

Du warst einer von fünf Freiburger WM-Fahrern. Wenn Du irgendwann mal Deinen Kindern von dieser Weltmeisterschaft in Katar erzählst – welche Geschichte wird das sein?

Da gibt es viele Geschichten. Mit Ghana ist es immer aufregend und es passiert eine Menge. Auch Geschichten, über die man lachen kann –  in ein paar Jahren zumindest…

Jetzt bin ich aber gespannt. Eine Geschichte möchte ich hören.

Pünktlichkeit ist definitiv ein Thema bei uns. Es gab kaum eine Besprechung oder kaum ein Essen, bei dem nicht mindestens einer zu spät gekommen wäre. Die Uhren ticken da einfach anders. Unser Nationaltrainer Otto Addo bringt die deutsche oder europäische Komponente rein und legt viel Wert auf Pünktlichkeit. Es war interessant, wie aus diesem täglichen Ärgernis doch noch etwas Gutes wurde. Die Strafen gingen am Ende an das Hotelpersonal und ich glaube, die haben noch nie so viel Trinkgeld bekommen.

Im Gegensatz zur deutschen Mannschaft war Ghana direkt im Stadtzentrum von Doha untergebracht. Wie hast Du die WM-Stimmung dort wahrgenommen?

Meine Familie war auch da und durfte jeden Tag ins Hotel kommen. Die konnten mir erzählen, was draußen so los ist. Sie waren beim Spiel Deutschland gegen Spanien, da war die Stimmung wohl nicht sonderlich berauschend. Aber wenn wir mit Ghana gespielt haben, ging es ab im Stadion. Ich habe während des Turniers auch immer mit Günni, Matze, Ritsu und Wooyeong Kontakt gehalten. Die waren ja auch die meiste Zeit im Hotel. In Doha selbst habe ich die große Mall besuchen können. Die war Wahnsinn, so einen großen Laden habe ich noch nie gesehen. Man hätte einen ganzen Tag drin rumlaufen können und hätte immer noch nicht jedes Geschäft entdeckt gehabt.

Wie hast Du das Turnier mit den Black Stars erlebt?

Vor allem im letzten Spiel gegen Uruguay war die Anspannung groß, auch wegen der Vorgeschichte vor zwölf Jahren…

Was war da nochmal genau?

2010 spielte Ghana im WM-Viertelfinale gegen Uruguay und hatte in der letzten Sekunde der Nachspielzeit die Riesenchance auf den Siegtreffer. Luis Suarez hat den Ball damals mit der Hand aus dem Tor geboxt. Der anschließende vergebene Elfmeter und das Elfmeterschießen waren für Ghana ein Drama.

Du warst damals ein Teenager. Wie hast Du das Spiel in Erinnerung?

Ich habe das absolut vor Augen und weiß noch, wie ich in Hannover das Spiel bei einem Freund und seiner Familie verfolgt habe. Das war sehr emotional und ich bin nach dem KO weinend hoch aufs Zimmer. Das ging mir schon nahe.

Auch bei dieser Weltmeisterschaft hat nur ein Punkt gefehlt zum Erreichen der Finalrunde…

Ja, schade. Am Ende waren es zwei Tore, die uns gefehlt haben. Ich denke trotzdem, dass wir uns gut verkauft haben und die Erfahrungen, die wir alle dort gemacht haben, uns keiner nehmen kann. Das war schon was ganz Besonderes und ich nehme auf jeden Fall die Motivation mit, in vier Jahren wieder dabei sein zu können. Dann auch in der KO-Runde.

Nach der WM warst Du noch auf Heimaturlaub in Ghana. Wie eng sind Deine Beziehungen dorthin?

Es war mein erster Urlaub in Ghana. Vorher war ich dort nur zu Länderspielen – und natürlich bei meiner Geburt. Ich konnte jetzt endlich nachholen, meine Familie zu besuchen. Nicht alle Verwandten natürlich, das wären einfach zu viele. Das nehme ich mir mal mit meinem Vater vor. Aber ich habe meine beiden Geschwister getroffen, die mich auch schon in Deutschland besucht haben.

Kannst Du in Accra unbehelligt über die Straße laufen? Oder gibt’s da gleich einen Menschenauflauf?

Da ist dann schon einiges los und die Menschen kommen auf mich zu und fragen nach gemeinsamen Fotos. Manche fallen dir auch einfach um den Hals, weil sie glücklich sind, dich zu sehen. Aber es ist alles durchweg positiv und für mich einfach ein gutes Gefühl.

Dafür ist es in Freiburg ja eher beschaulich. Um den Hals fallen Dir höchstens die Kollegen bei einem Deiner drei Tore bisher. Du bist jetzt seit dem Sommer beim Sport-Club. Wie fällt Dein Halbjahres-Fazit aus?

Es war definitiv eine gute Entscheidung, hierher zu kommen. Es ist für die Mannschaft so gelaufen, wie ich mir das gewünscht habe, vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Klar, ich hatte anfangs Probleme mit dem Rücken und auch sonst noch ein paar Wehwehchen. Aber jetzt bin ich fit und kann durchstarten. Ich freue mich wirklich auf diese Vorbereitung und die Rückserie. Da möchte ich zeigen, was in mir steckt.

Klingt so, als hättest Du nach Weltmeisterschaft und Urlaub wieder richtig Lust auf Fußball…

Das war der längste Urlaub, den ich je in meiner Profikarriere gehabt habe. Da bin ich auch sehr dankbar dafür und es hat mir wirklich gut getan. Aber es war schon so, dass ich Fußball und Freiburg ziemlich schnell vermisst habe. Ich habe das Gefühl, dass wir erfolgreich weiterspielen können und ich möchte mit der Mannschaft wachsen. Da habe ich richtig Lust drauf.

Und spürst Du diese Lust auch bei den Kollegen?

Der Plan wie wir Fußball spielen wollen ist klar erkennbar und wir haben Freude an dieser Identität. Dazu bringen die Jungs einfach auch richtig gute individuelle Qualitäten mit. Angefangen von den Torhütern bis nach ganz vorne. Und Ritsu, Gintes oder Gregerl bringen nochmal neue Qualität rein. Das macht einfach Spaß und trägt Früchte.

Heute standen in Sotogrande zwei Einheiten auf dem Programm. Wie sieht Dein Feierabend aus?

Jetzt erstmal gut essen. Das Essen ist lecker hier, das ist im Trainingslager durchaus wichtig. Danach geht’s nochmal zu den Physios auf die Massagebank, um sich den Tag aus den Beinen kneten zu lassen. Ich denke, dass ich dann noch zum Quatschen zu Vince aufs Zimmer gehe. Lang wird’s aber nicht werden. Ich bin schon ein bisschen müde und einschlafen ist heute sicher kein Problem.

Interview: Sascha Glunk

 
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